IATF Rules 6 - Änderungen der IATF Zertifizierungsregeln

Die 6. Ausgabe der IATF 16949 Rules stellt eine bedeutende Weiterentwicklung der IATF Zertifizierungsregeln dar, die für Unternehmen der Automobilindustrie von zentraler Bedeutung sind. Mit diesen Änderungen werden die Anforderungen an Auditprozesse, organisatorische Strukturen und Fristen verschärft und präzisiert, um eine höhere Effizienz und Standardisierung sicherzustellen. Unternehmen sollten sich intensiv mit diesen Anpassungen auseinandersetzen, um ihre Zertifizierungen nicht zu gefährden und den gestiegenen Anforderungen gerecht zu werden.

Die neuen IATF Rules 6 th Edition treten am 1. Januar 2025 in Kraft. Sie lösen die derzeit gültige 5. Auflage sowie alle dazugehörigen sanktionierten Interpretationen und häufig gestellten Fragen (FAQs) ab. Diese umfassende Überarbeitung stellt sicher, dass die Zertifizierungsstandards auf einem einheitlichen und aktuellen Niveau bleiben, das den Anforderungen der modernen Automobilindustrie entspricht.

Unternehmen sollten die verbleibende Übergangszeit nutzen, um sich mit den geänderten IATF Zertifizierungsregeln vertraut zu machen und ihre internen Prozesse entsprechend anzupassen. Frühzeitige Vorbereitungen und die Integration der neuen Anforderungen in bestehende Managementsysteme sind entscheidend, um reibungslos auf die neuen Regelungen umzustellen und die Konformität mit dem Standard IATF 16949 zu gewährleisten.



Striktere Anforderungen an Auditplanung und Durchführung

Die neuen IATF Rules führen eine Reihe von Änderungen in der Auditplanung ein. Diese zwingen die Unternehmen dazu, ihre Prozesse rechtzeitig und präzise zu organisieren. Zukünftig müssen Audittermine für Wiederholungs-, Transfer- und Überwachungsaudits spätestens 90 Tage vor dem Fälligkeitsdatum verbindlich festgelegt werden. Dies gibt sowohl dem Unternehmen als auch den Zertifizierungsstellen mehr Vorlaufzeit für die Planung und Vorbereitung. Darüber hinaus sind die geforderten Informationen zur Auditplanung mindestens 30 Tage vor dem geplanten Audit dem Zertifizierer zu übermitteln. Anhand dieser Daten wird ein detaillierter Auditplan erstellt, der spätestens 14 Tage vor dem Audittermin bereitgestellt werden muss.

Die Auditdurchführung wurde ebenfalls detaillierter gestaltet, um die Qualität und Aussagekraft der Audits zu verbessern. Audits finden grundsätzlich vor Ort statt, um die Gegebenheiten des Standorts vollständig zu erfassen. Unter bestimmten Bedingungen, die in Anhang 2 der Rules 6 beschrieben sind, können unterstützende Standorte (sogenannte Remote Locations) jedoch auch aus der Ferne überprüft werden. Diese Regelung bietet eine gewisse Flexibilität. Sie erfordert jedoch eine sorgfältige Prüfung der Voraussetzungen, um die Konformität mit den neuen Anforderungen zu gewährleisten.

Zusätzlich wurden mit den IATF Rules 6 strengere Anforderungen an die Auditdauer eingeführt. Für Produktionsstandorte beträgt die Mindestdauer eines Audits demnach 1,5 Tage, unabhängig von der Komplexität des Standorts. Für die Auditplanung müssen mindestens 0,5 Tage eingeplant werden. Diese Vorgaben sollen eine gründliche und standardisierte Überprüfung aller relevanten Prozesse gewährleisten.

Präzisere Fristen und Standortanforderungen durch die neuen IATF Rules 6

Auditzeitplan gemäß IATF 16949 Rules 6th Edition

Die neuen Fristenregelungen zielen darauf ab, Auditintervalle zu standardisieren und sicherzustellen, dass Qualitätsmanagementsysteme regelmäßig überprüft werden. Überwachungsaudits müssen in einem festen Rhythmus von 12 Monaten durchgeführt werden. Dabei sind Abweichungen von maximal drei Monaten (+/- 3 Monate) zulässig. Dies schafft Klarheit und reduziert Interpretationsspielräume, die in der Vergangenheit zu Unsicherheiten führten.

Zusätzlich wurden klare Mindestabstände zwischen bestimmten Auditphasen eingeführt. Zwischen der ersten und zweiten Phase eines Erstzertifizierungsaudits (Stufe 1 und Stufe 2) müssen folglich mindestens 20 Tage liegen, um eine ausreichende Vorbereitung und Bearbeitung der Ergebnisse aus Phase 1 zu ermöglichen. Bei speziellen Audits zur vollständigen Behebung von Abweichungen (Special Audits – 100 % Resolved) ist ein Mindestzeitraum von 90 Tagen bis zum nächsten regulären Audit einzuhalten. Diese Vorgaben unterstreichen die Bedeutung einer gründlichen Bearbeitung von Auditfeststellungen und schaffen dabei gleichzeitig Raum für nachhaltige Verbesserungen.

Auch für Remote Locations und erweiterte Fertigungsstätten (Site Extensions) gelten neue Vorgaben, die eine bessere Kontrolle und Nachverfolgbarkeit gewährleisten. Unterstützende Standorte mit Entwicklungsfunktion müssen mindestens alle 12 Monate auditiert werden, während für Standorte ohne Entwicklungsfunktion ein Auditintervall von mindestens 24 Monaten gilt, jeweils mit einer Abweichung von +/- 3 Monaten. Erweiterte Fertigungsstätten dürfen künftig nicht weiter als 16 Kilometer (10 Meilen) vom Hauptstandort entfernt sein, und die Fahrzeit darf maximal 60 Minuten betragen. Diese Begrenzungen stellen sicher, dass verlängerte Werkbänke weiterhin effizient überwacht und eng mit dem Hauptstandort integriert bleiben.

Erweiterte Anforderungen an Abweichungsmanagement und organisatorische Strukturen

Ein weiterer zentraler Aspekt der neuen IATF Rules 6 betrifft das Abweichungsmanagement. Dieses sieht klarere Fristen und Vorgaben für die Bearbeitung von Abweichungen vor. Für Hauptabweichungen (Major Nonconformities) ist eine verbindliche Frist von 15 Kalendertagen für die Übermittlung von Sofortmaßnahmen an den Zertifizierer festgelegt worden. Dies erhöht den Druck auf Unternehmen, Abweichungen schnell und effektiv zu adressieren. Für Nebenabweichungen (Minor Nonconformities) wird in der Auditzeitkalkulation künftig eine feste Bearbeitungszeit von mindestens 30 Minuten pro Abweichung vorgesehen. Dies schafft eine standardisierte Grundlage für die Bearbeitung und Nachverfolgung von Abweichungen und gewährleistet eine konsistente Bewertung durch die Zertifizierungsstellen.

Die neuen Anforderungen an das Konzernschema verlangen von Unternehmensverbünden eine zentrale Stelle, die für die übergeordnete Steuerung des Qualitätsmanagementsystems verantwortlich ist. Diese zentrale Einheit übernimmt die Definition, Strukturierung und Kontrolle des Systems und stellt sicher, dass die Qualitätsmanagementanforderungen auf allen Ebenen des Unternehmens einheitlich umgesetzt werden. Diese klare organisatorische Verantwortlichkeit erleichtert die Nachverfolgbarkeit und stärkt die Überwachung der Qualitätsmanagementprozesse.

Auch bei Standortverlagerungen (Relocation) gibt es neue Vorgaben: Unternehmen müssen den Zertifizierer innerhalb von 30 Kalendertagen nach Bekanntgabe einer Verlagerung über den Umfang und den Zeitplan informieren. Dies gilt sowohl für die vollständige Verlagerung eines Standorts als auch für Teilverlagerungen von Produktionskapazitäten.

 

 

Neudefinition des Begriffs "Fahrzeuge der Automobilindustrie"

Eine weitere Änderung betrifft die Definition, welche Fahrzeuge in den Geltungsbereich der IATF 16949 fallen. Künftig werden auch Fahrzeuge wie Traktoren und andere Maschinen eingeschlossen, sofern sie für den Einsatz auf öffentlichen Straßen bestimmt sind. Dies erweitert den Anwendungsbereich des Standards erheblich und sorgt dafür, dass mehr Fahrzeugtypen den Qualitätsmanagementanforderungen entsprechen müssen.

Fakten der neuen IATF Zertifizierungsregeln auf einen Blick – Änderungen durch die IATF 16949 Rules 6

Finden Sie nachfolgend die wesentlichen Änderungen der IATF Rules 6th Edition nochmals kompakt auf einen Blick zusammengefasst.

1. Auditplanung

  • Audittermine für Wiederholungs-, Transfer- und Überwachungsaudits müssen spätestens 90 Tage vor dem Fälligkeitsdatum verbindlich festgelegt werden.
  • Detaillierte Planungsinformationen müssen 30 Tage vor dem Audit an den Zertifizierer übermittelt werden.
  • Der Auditplan ist mindestens 14 Tage vor dem Audittermin bereitzustellen.

2. Auditdurchführung

  • Audits finden grundsätzlich vor Ort statt, Remote-Audits sind nur unter bestimmten Bedingungen für unterstützende Standorte erlaubt.
  • Mindestdauer für Audits an Produktionsstandorten: 1,5 Tage.
  • Mindestzeit für die Auditplanung: 0,5 Tage.

3. Neue IATF Zertifizierungsregeln für Auditfristen

  • Überwachungsaudits sind alle 12 Monate (+/- 3 Monate) durchzuführen.
  • Zwischen Erstzertifizierungsaudits (Stufe 1 und Stufe 2) sind mindestens 20 Tage einzuhalten.
  • Zwischen einem "Special Audit – 100 % Resolved" und dem nächsten regulären Audit müssen 90 Tage Abstand liegen.
IATF Rules 6 - Änderungen

4. Remote Locations und erweiterte Fertigungsstätten

  • Audits für unterstützende Standorte (Remote Locations) mit Entwicklungsfunktion: mindestens alle 12 Monate (+/- 3 Monate).
  • Audits für unterstützende Standorte ohne Entwicklungsfunktion: mindestens alle 24 Monate (+/- 3 Monate).
  • Erweiterte Fertigungsstätten (Site Extensions) dürfen nicht mehr als 16 Kilometer vom Hauptstandort entfernt sein und müssen innerhalb von 60 Minuten Fahrzeit erreichbar sein.

5. Abweichungsmanagement nach den neuen IATF Rules

  • Hauptabweichungen: Frist von 15 Kalendertagen für die Übermittlung von Sofortmaßnahmen.
  • Nebenabweichungen: Mindestzeit von 30 Minuten pro Abweichung in der Auditzeitkalkulation.

6. Konzernschema

Unternehmensverbünde müssen eine zentrale Stelle benennen, die für die Definition, Strukturierung und Kontrolle des Qualitätsmanagementsystems verantwortlich ist.

7. Standortverlagerung (Relocation)

Zertifizierer sind innerhalb von 30 Tagen über Umfang und Zeitplan einer Standortverlagerung zu informieren.

8. Neudefinition von Fahrzeugen:

Der Begriff „Fahrzeuge der Automobilindustrie“ wurde erweitert und schließt nun auch Fahrzeuge wie Traktoren ein, sofern sie für den Einsatz auf öffentlichen Straßen bestimmt sind.

Fazit der neuen IATF Rules 6: Herausforderungen und Chancen für Unternehmen

Die IATF 16949 Rules 6 markieren einen wichtigen Schritt hin zu einer klareren und strikteren Regulierung der Zertifizierungsprozesse in der Automobilindustrie. Die Änderungen schaffen neue Herausforderungen, da Unternehmen gezwungen sind, ihre internen Prozesse zu überdenken und strenger zu organisieren. Insbesondere die strengeren Vorgaben für Auditplanung und Fristen, die erweiterten Anforderungen an Abweichungsmanagement und die spezifischeren Regelungen für Standorte erfordern eine proaktive Herangehensweise.

Gleichzeitig bieten die neuen IATF Zertifizierungsregeln Unternehmen die Möglichkeit, ihre Prozesse zu optimieren und durch eine bessere Organisation sowie eine präzisere Bearbeitung von Auditfeststellungen langfristig von den Änderungen zu profitieren. Wer frühzeitig auf die Neuerungen reagiert und diese effektiv umsetzt, wird nicht nur die eigenen Zertifizierungsanforderungen erfüllen, sondern auch die Effizienz und Qualität des Qualitätsmanagementsystems nachhaltig steigern können.

 

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