Bei den ISO-Normen gibt es mit der ISO 50047 einen Leitfaden, der Organisationen bei der Bestimmung von Energieeinsparungen unterstützen soll. Sie ist ein internationaler Standard, der Richtlinien und Verfahren zur Bewertung der Energieeffizienz von Organisationen festlegt. Die Energieeinsparungen sind dabei der zentrale Baustein einer Verbesserung der energiebezogenen Leistung. Die Verbesserung der energiebezogenen Leistung steht im Zentrum eines Energiemanagementsystems nach DIN EN ISO 50001. Heute ist dies aber für alle Organisationen eine wichtige Aufgabe.
Auch wenn die Norm noch nicht in deutscher Sprachfassung vorliegt und daher seltener berücksichtigt wird als andere Leitfäden, wollen wir in diesem Beitrag die wichtigsten Anregungen aus der ISO 50047 betrachten.
Zwei Ansätze für Energieeinsparungen in der ISO 50047
Die ISO 50047 unterscheidet zwei Herangehensweisen an Energieeinsparungen, den organisationsbasierten Ansatz („organization-based approach“) und den maßnahmenbasierten Ansatz („EPIA-based approach“; EPIA steht für „energy performance improvement action“, also Maßnahmen zur Verbesserung der energiebezogenen Leistung).
Der organisationsbezogene Ansatz entspricht einem Top-Down-Ansatz. Unter Berücksichtigung des gesamten Energieverbrauchs einer Organisation legen Sie Energieziele für die Organisation oder ihre wichtigsten Bereiche fest. Dieser Ansatz wird häufig gewählt, wenn die Organisation aus rechtlichen Gründen oder zur Bewertung der energiebezogenen Leistung in einem Energiemanagementsystem eine Verbesserung für die gesamte Organisation nachweisen muss. Eine Unterteilung der Organisation in Bereiche bietet sich an, wenn einzelne Bereiche, etwa Produktion, Transport und Vertrieb, sich aus energetischer Sicht erheblich unterscheiden. Die gesamte Einsparung der Organisation kann dann ermittelt werden, indem man die Einsparungen der jeweiligen Bereiche summiert.
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Der maßnahmenbasierte Ansatz entspricht einer Bottom-Up-Vorgehensweise. Sie identifizieren vor Ort Möglichkeiten Maßnahmen zur Verbesserung der energiebezogenen Leistung und deren Umsetzung (und gelegentlich wird auch als Folge anderer Maßnahmen die energiebezogene Leistung verbessert); und die Summe der hierdurch erzielten Leistungsverbesserungen ergibt die Einsparung der Organisation.
Die beiden Ansätze schließen sich natürlich gegenseitig nicht aus. Ein Unternehmen etwa, das ein Energieziel im Rahmen eines Energiemanagementsystems (EnMS) festgelegt und entsprechende Maßnahmen zur Zielerreichung geplant hat (= organisationsbasierter Ansatz), kann auch noch z.B. auf Verbesserungsvorschläge von Mitarbeitern reagieren und Maßnahmen zu deren Realisierung festlegen (= maßnahmenbasierter Ansatz).
Erfassung der Energieverbräuche
Grundsätzlich geht die ISO 50047 davon aus, dass – wie auch in der ISO 50001 gefordert – alle Energiearten, die im gewählten Anwendungsbereich verbraucht werden, auch erfasst werden. Aber bei einer Organisation, die nur einen maßnahmenbasierten Ansatz wählt, kann es nach ISO 50047 ggf. ausreichen, nur die von Maßnahmen betroffenen Energiearten zu erfassen – wie gesagt, das wäre nicht mit der ISO 50001 vereinbar. Energieverbräuche sollten durch eine Messung, ggf. auch durch indirekte Messung, z.B. von Volumina etc., erfasst werden, ggf. kommt auch eine Berechnung über Bestandserfassungen in Frage.
Die Formel hierfür lautet: E = V Anf. + V Add.-V End. - V Verl.
Dabei bedeuten: V Anf. = Anfangsbestand; V Add. = gelieferte Menge; V End. = Endbestand; V Verl. = Verlust oder Abgabe.
Den Energieinhalt von Brennstoffen können Sie mit Hilfe von Umrechnungsfaktoren ermitteln, die z.B. vom Lieferanten oder aus anderen Quellen stammen können. Mitunter werden die Umrechnungsfaktoren auch vorgegeben. So gibt die BAFA etwa die Umrechnungsfaktoren vor, die bei der Durchführung eines Energieaudits nach dem Energiedienstleistungsgesetz verwendet werden müssen. Siehe hierzu das „BAFA: Merkblatt zur Ermittlung des Gesamtenergieverbrauchs“. Ein Mangel an Messmöglichkeiten kann dazu führen, dass Unternehmen neue Messmöglichkeiten installieren müssen.
Unbedeutende Energieverbräuche
Auch wenn Sie generell alle Energiearten berücksichtigen sollten, stellt sich bei sehr geringen Energieverbräuchen oft die Frage, ob sich der Aufwand für die Erfassung lohnt. ISO 50047 erlaubt es grundsätzlich, geringe Energieverbräuche zu vernachlässigen, wenn diese nicht deutlich schwanken. Ab wann ein Energieverbrauch gering ist, ist nicht festgelegt, aber ISO 50047 weist darauf hin, dass Energieeinsparungen oft nur einen kleinen Prozentanteil vom gesamten Energieverbrauch ausmachen, und schon ein Energieverbrauch, der in ähnlicher Größenordnung liegt wie die Einsparungen ggf. nicht mehr als vernachlässigbar angesehen werden kann.
Gemeinsame Einheit
Damit Sie die Verbräuche verschiedener Energiearten miteinander verrechnen können, sollten sie alle in eine gemeinsame Einheit (z.B. [Kilo-, Mega-, Giga-,…]Wh, Joule) umgewandelt werden.
Primär- oder Endenergieverbrauch?
Die ISO 50047 empfiehlt, eine Entscheidung darüber zu treffen, ob Ihre Organisation Einsparung auf der Basis von Primär- oder von Endenergieverbräuchen berechnen soll. Der Primärenergieverbrauch bezeichnet dabei den Energieinhalt der in der Natur vorkommenden Primärenergieträger, z.B. Steinkohle, Erdöl oder Erdgas. Diese können Unternehmen teils direkt nutzen, teils müssen sie diese erst in „Sekundärenergieträger“ wie Kraftstoffe oder Strom umwandeln. Da auch diese noch zum Nutzer transportiert werden müssen, steht dem Verbraucher noch einmal weniger „Endenergie“ zur Verfügung.
Die ISO 50047 stellt das Pro und Contra der jeweiligen Grundlagen vor. So beruhen nationale Energiesparziele in der Regel auf dem Primärenergieverbrauch und nur eine Berechnung der Primärenergieeinsparungen zeigt zum Beispiel die tatsächliche energetische Verbesserung des Einsatzes etwa von Kraft-Wärme-Kopplung oder von erneuerbaren Energien zur Stromerzeugung (bei Nutzung von Wind und Sonne fallen keine Wärmeverluste im Kraftwerk an) auf.
Andererseits sind Endenergieverbräuche leichter zu ermitteln (sie ergeben sich ggf. schon aus den Energierechnungen bzw. lassen sich messen) und sind auch die Größe, die Organisationen in Energiemanagementsystemen nach ISO 50001 betrachten müssen. Der Wirkungsgrad etwa der Stromerzeugung wird ggf. im Energiemanagementsystem des Stromerzeugers betrachtet. Den Primärenergieeinsatz können Sie in einem EnMS oftmals auch indirekt erfassen (solche mit geringem Umwandlungsaufwand). Wenn Sie Primärenergieeinsätze erfassen sollen, müssen Sie die Umrechnungsfaktoren ermitteln und diese sowie ihre Quellen aufzeichnen.
Vorbereitung der Energiedaten
Energieeinsparungen werden durch den Vergleich von Energieverbräuchen zwischen zwei vergleichbaren Zeiträumen (einem Bezugszeitraum und dem aktuellen Berichtszeitraum) ermittelt. Zwischen diesen beiden Zeiträumen kann/
können eine oder mehrere Maßnahmen zur Verbesserung der energiebezogenen Leistung stattgefunden haben. Wenn es schwerwiegende Veränderungen bei energierelevanten Bedingungen gegeben hat, sollten Sie diese aufzeichnen. Dies kann z.B. der vorübergehende Stillstand einer Anlage wegen Erneuerung sein. Die Organisation muss einen geeigneten Zeitraum (z.B. ein Jahr, um Saisonschwankungen auszugleichen) für den Vergleich und einen entsprechenden Bezugszeitraum auswählen. Dieser Bezugszeitraum kann für die gesamte Organisation gelten (üblich beim organisationsbezogenen Ansatz), oder auch für jede Maßnahme individuell festgelegt werden. Der Bezugszeitraum muss nicht fest sein, es kann auch ein „rollierender“ Bezugszeitraum – etwa immer das Vorjahr – festgelegt werden.
Berücksichtigung von Einzelereignissen
Einzelereignisse, wie der oben erwähnte zeitweise Stillstand einer Anlage, müssen Sie bei einem Vergleich berücksichtigen. So kann z.B. für den Zeitraum des Stillstands ein „fiktiver (Durchschnitts-)Verbrauch“ angenommen werden, um die Lücke bei den Energieverbräuchen auszugleichen.
Normalisierung
Da Energieverbräuche in der Regel von relevanten Variablen beeinflusst werden, die nicht alle von der Organisation beeinflusst werden können (z.B. eine von der Nachfrage abhängige Produktionsmenge oder die Außentemperatur), müssen diese für einen Vergleich unter gleichen Bedingungen herausgerechnet werden. ISO 50047 erläutert ergänzend die drei möglichen Vorgehensweisen:
- Normalisierung der energetischen Ausgangsbasis: der aktuelle Wert der relevanten Variablen wird für die Verbrauchswerte des Bezugszeitraums verwendet. Ergebnis ist ein erwarteter Energieverbrauch im aktuellen Berichtszeitraum (Prognose) ohne Berücksichtigung zwischenzeitlich umgesetzter Maßnahmen, der mit dem gemessenen Energieverbrauch verglichen werden kann.
- Normalisierung des Energieverbrauchs im Berichtszeitraum: aktuelle Verbrauchswerte aus dem Berichtszeitraum werden mit den Werten der relevanten Variablen aus dem Bezugszeitraum normalisiert. Das Ergebnis ist ein normalisierter Energieverbrauch, wie er im Bezugszeitraum mit den umgesetzten Maßnahmen gewesen wäre. Das Vorgehen kann sinnvoll sein, wenn für den Berichtszeitraum bessere Daten als für den Bezugszeitraum vorliegen.
- Normalisierung von energetischer Ausgangsbasis und Energieverbrauch im Berichtszeitraum. Für beide Zeiträume können Sie feste Referenzwerte für die relevanten Variablen (z.B. durchschnittliche Temperaturwerte) verwenden. Das Vorgehen bietet sich an, wenn Sie die energiebezogene Leistung unabhängig vom Wert der relevanten Variablen über längere Zeit vergleichen möchten.
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Berechnung der Energieeinsparungen
Im Grundsatz berechnet sich die Energieeinsparung aus der Berechnung des Energieverbrauchs – sei es der gesamten Organisation, einer Organisationsbereichs oder eines von einer Maßnahme betroffenen Bereichs, Anlage, etc. – durch Subtraktion des aktuellen (ggf. normalisierten) Wertes von dem (ggf. normalisierten) Wert des Bezugszeitraums (Einsparung = E Bezugsz. – E Berichtsz.). Haben sie im Berichtszeitraum mehr Energie verbraucht als im Bezugszeitraum, ist das Ergebnis negativ. Dabei können Organisationen die Einsparungen für einzelne Maßnahmen nicht einfach addieren, da sie Einflüsse auf andere Energieverbräuche haben können. So kann eine neue LED Beleuchtung in Büroräumen zu höheren Heizwärmeverbräuchen führen, aber zu geringeren Stromverbräuchen für die Klimaanlage. Der höhere Heizwärmeverbrauch erklärt sich dadurch, dass die Leuchten weniger Abwärme produzieren.
Die Auswirkungen solcher Wechselwirkungen sollte man abzuschätzen versuchen. Ebenso kann es zu Doppelzählungen kommen. Wenn Unternehmen z.B. gleichzeitig mit der neuen LED-Beleuchtung eine Energiesparkampagne durchführen, müssen sie die gemessene Energieeinsparung auf beide Maßnahmen aufteilen. Dies gilt generell für alle in Frage kommenden Maßnahmen. Ideal wäre ein Vergleich der gemessenen organisationsweiten Energieeinsparung mit der Summe der Einsparungen durch die erfassten Maßnahmen als Plausibilitätsprüfung. Dabei sollte auf beiden Seiten annähernd das gleiche Ergebnis stehen. Ebenso können Unternehmen statistische Methoden nutzen, um die Plausibilität nachzuweisen. Ist die Energieeinsparung etwa größer als die doppelte Standardabweichung der normalisierten Energieverbräuche, ist eine echte Einsparung plausibel.
Hinweise zur ISO 50047 - Energieeinsparungen
Im Titel der ISO 50047 steht nur Energieeinsparungen, das Vorgehen lässt sich aber ebenso gut für spezifische Energieverbräuche, also die Verbesserung der Energieeffizienz, anwenden. Und: ISO 50047 nicht mit DIN EN 50047 verwechseln – die behandelt Niederspannungs-Schaltgeräte.
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