Mit der CSR-Richtlinie der EU wird das Thema Nachhaltigkeitsberichterstattung für viele Unternehmen aktuell – neu ist es aber nicht. Bereits seit vielen Jahren gibt es freiwillige Initiativen und sektorspezifische Vorgaben zur Nachhaltigkeitsberichterstattung. Hier wurden Standards entwickelt, die auch künftig eine Rolle spielen werden. Grund genug, einen Blick auf diese Initiativen und ihre Verbindungen zu werfen.
Nachhaltigkeitsberichterstattung
Nachdem auf dem „Erdgipfel“ – der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung – 1992 in Rio de Janeiro das Konzept der nachhaltigen Entwicklung als Leitbild anerkannt und die „Agenda 21“ als Aktionsplan für die Umsetzung verabschiedet wurde, begannen viele Unternehmen, über eine Nachhaltigkeitsberichterstattung nachzudenken, um ihren Beitrag zur Umsetzung dieses Leitbildes nachzuweisen. Ausgangspunkt waren dabei oftmals die bereits zuvor erstellten Umweltberichte oder Umwelterklärungen. Diese deckten (mehr oder weniger) die ökologische Säule der Nachhaltigkeit ab. Auch für die soziale Säule bestanden mit den Sozialberichten, die manche Unternehmen als Teil des Geschäftsberichts erstellt hatten, Vorlagen. Die ökonomische Säule wurde – nach manchen frühen Vorstellungen – ohnehin von den Geschäftsberichten abgedeckt. Aber die Umweltberichte und Sozialberichte erstellten Unternehmen oftmals „freihändig“ und erfüllten nicht immer die mit dem Nachhaltigkeitskonzept verbundenen Anforderungen. Der Geschäftsbericht verknüpfte ökonomische nicht mit ökologischen und sozialen Erfordernissen.
Richtlinie für die Nachhaltigkeitsberichterstattung
Daher begannen im Jahr 1997 im Rahmen der vom UN-Umweltprogramm unterstützten „Global Reporting Initiative“ (GRI) die Arbeiten an einer Richtlinie für die Nachhaltigkeitsberichterstattung. Die erste Fassung der GRI-Richtlinie für die Nachhaltigkeitsberichterstattung erschien im Jahr 2000. Diese Richtlinie wurde mehrfach weiterentwickelt Im Jahr 2016 wurde sie durch modulare Standards abgelöst, die seit dem Juli 2018 für die GRI-Berichterstattung verbindlich sind. Die generell anzuwendenden „Universellen Standards“ wurden im Jahr 2021 überarbeitet und sind seit Januar 2023 verbindlich.
Noch bevor die erste Fassung der GRI-Richtlinien veröffentlicht wurde, hatten zudem die Vereinten Nationen (UN) eine Initiative gestartet. Mit dieser konnten Unternehmen sich in einem freiwilligen Vertrag mit den UN verpflichten, die Globalisierung sozialer und ökologischer zu gestalten. Der „Global Compact“ (deutsch: Globaler Pakt der Vereinten Nationen) startete im Jahr 2000 mit 50 multinationalen Unternehmen. Er umfasste anfänglich 9, heute 10 Prinzipien, zu denen sich die teilnehmenden Unternehmen verpflichten. Mit der Teilnahme am Global Compact ist die Verpflichtung zur Erstellung eines jährlichen Fortschrittsberichts („Communication on Progress“, CoP) verbunden.
Der Bericht besteht aus einem Statement der Geschäftsführung sowie einem ausgefüllten Fragebogen. Es zeigte sich allerdings mit der Erstellung der ersten Nachhaltigkeitsberichte, dass etwa die umfangreichen Anforderungen der GRI für viele kleinere Unternehmen sehr (in vielen Fällen: zu) aufwendig waren. Der Global Compact musste sich dem Vorwurf stellen, zum größten Teil nur ohnehin gesetzlich bereits geforderte Verpflichtungen zu enthalten. Er sei also nicht ambitioniert genug.
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Deutscher Nachhaltigkeitscodex (DNK)
Im Jahr 2011 veröffentlichte daher der Rat für Nachhaltige Entwicklung den Deutschen Nachhaltigkeitscodex (DNK). Der Rat wurde 2001 eingesetzt, um die Bundesregierung zu beraten und die Entwicklung und Umsetzung einer deutschen Nachhaltigkeitsstrategie zu unterstützen. Der DNK enthält 20 Kriterien für die nichtfinanzielle Nachhaltigkeitsberichterstattung, die Unternehmen in einer DNK-Erklärung berücksichtigen müssen. Die Berichterstattung wird für jedes Kriterium durch ein bis zwei Leistungsindikatoren ergänzt. Diese können wahlweise (aber dann für den gesamten Bericht) aus dem GRI oder dem EFFAS-Regelwerk ausgewählt werden. (EFFAS steht für „European Federation of Financial Analysts Societies“. Sie hat im Jahr 2010 gemeinsam mit der Deutschen Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management (DVFA) einen Satz von Indikatoren für Umwelt- und Sozialaspekte („KPIs for ESG“) veröffentlicht.)
Bei den Kriterien sind im DNK jeweils die möglichen auszuwählenden Indikatoren angegeben. (Und hier taucht dann in diesem Beitrag zum ersten Mal auch der Begriff ESG auf. ESG steht für Environment (Umwelt), Social (gesellschaftliche Aspekte) und Governance (Unternehmensführung); ESG-Reporting ist einfach ein verbreiteter anderer Begriff für Nachhaltigkeitsberichterstattung.)
Nachhaltigkeitsziele SDGs
Der Begriff Nachhaltigkeit steht dafür, die Bedürfnisse der Gegenwart so zu befriedigen, dass die Möglichkeiten zukünftiger Generationen nicht eingeschränkt werden. Er hat den Vorteil, dass er so formuliert ist, dass eigentlich niemand etwas dagegen haben kann. Der Nachteil ist, dass die Diskussionen immer dann beginnen, wenn es konkret wird. Wer entscheidet eigentlich, welche Bedürfnisse der Gegenwart legitim sind? Und in welchem Maße wir für ihre Befriedigung die Möglichkeiten zukünftiger Generationen (etwa durch den Verbrauch nicht erneuerbarer Ressourcen oder das Hinterlassen von Treibhausgasen in der Atmosphäre) einschränken dürfen? Um das Leitbild operativ zu machen, verabschiedeten im Jahr 2015 auf dem UN-Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung alle 193 UN-Mitgliedern einstimmig 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung. Diese Nachhaltigkeitsziele heißen „Sustainable Development Goals“, SDG und sollen bis 2030 umgesetzt sein.
Zu den einzelnen SDGs wurden weitere (insgesamt 107) konkrete Zielvorgaben („targets“) festgelegt. Mit den SDGs, zu deren Erreichen auch der Privatsektor – einschließlich Industrie und Gewerbe – beitragen kann, änderten sich die Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung: Diese sollte zumindest die für das jeweilige Unternehmen relevanten SDGs berücksichtigen. Im Jahr 2018 veröffentlichten GRI und Global Compact daher einen gemeinsamen Leitfaden zur Integration der SDG in die Nachhaltigkeitsberichterstattung. Dieser Leitfaden schlägt eine prinzipiengeleitete Priorisierung der SDG für die Organisation vor; die Organisation sollte sich dazu fragen, welchen Beitrag sie zu den SDGs leisten kann, indem sie:
- potenzielle und bestehende negative Auswirkungen ihrer Tätigkeiten und ihrer Lieferketten auf Mensch und Umwelt angeht, und
- ihre Fähigkeiten einsetzt, um Produkte oder Dienstleistungen bereitzustellen, die die SDGs unterstützen.
Im Jahr 2022 wurde ein Dokument („Linking the SDGs and the GRI Standards“) bereiterstellt, dass die Beziehungen zwischen SDGs und den GRI-Anforderungen darstellt.
Nachhaltigkeitsberichterstattung und Finanzwelt
Eine große Rolle spielt die Nachhaltigkeitsberichterstattung seit längerem in der Finanzwelt. Nach zaghaften Anfängen – in Umsetzung der EG-„Modernisierungsrichtlinie“ 2003/51/EG – sind seit 2004 in den Lageberichten großer Kapitalgesellschaften Informationen über Umwelt- und Arbeitnehmerbelange enthalten, „soweit sie für das Verständnis des Geschäftsverlaufs oder der Lage von Bedeutung“ waren. Mit der NFRD-Richtlinie aus dem Jahr 2014 wurde die Verpflichtung dann deutlich ausgeweitet. Die Offenlegung „nichtfinanzieller Informationen“ wurde für die betroffenen Unternehmen – börsennotierte große Unternehmen oder Gruppen – verbindlich gefordert, die CSRD verbindet die Nachhaltigkeitsberichterstattung mit dem Lagebericht. Mit der Nachhaltigkeitsberichterstattung werden nämlich wichtige Informationen auch für den Finanzsektor bereitgestellt.
Zum „Green Deal“ der EU gehört zudem auch, ausreichend Finanzmittel für eine nachhaltige Wirtschaft bereitzustellen. In der Mitteilung der EU-Kommission, die den Green Deal vorstellte, wurde der Finanzbedarf alleine zum Erreichen der EU-Klima- und Energieziele bis 2030 auf jährlich 260 Milliarden Euro geschätzt. Dazu sollten auch private Anlegern und institutionelle Investoren Kapital mobilisieren. Um dieses zu mobilisieren, wurden auch Entwickler und Anbieter von Finanzprodukten und Finanzberater mit der „Sustainable Finance Disclosure Regulation“ (SFDR, VO (EU) 2019/2088) verpflichtet, offenzulegen, welche Rolle Nachhaltigkeitsfaktoren in den Finanzprodukten spielen. Das spielt insbesondere eine Rolle bei Finanzprodukten, die mit ESG-Aspekten werben oder die Bezeichnung „nachhaltig“ haben.
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Taxonomie
Damit die Rolle der Nachhaltigkeitsfaktoren aber nachvollziehbar ermittelt und in der Nachhaltigkeitsberichterstattung dargestellt werden kann, muss erst einmal festgelegt werden, was als „nachhaltig“ anzusehen ist. Diese Rolle spielt die mit VO (EU) 2020/852 eingeführte „Taxonomie“: In dieser wird einheitlich festgelegt, welche Aktivitäten eines Unternehmens als nachhaltig gelten. Dabei basiert die Taxonomie auf sechs zentralen EU-Umweltzielen:
- Klimaschutz,
- Anpassung an den Klimawandel,
- Nachhaltiger Einsatz und Gebrauch von Wasser und Meeresressourcen,
- Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft,
- Vorbeugung oder Kontrolle von Umweltverschmutzung,
- Schutz und Wiederherstellung von Biodiversität und Ökosystemen.
Damit ein Unternehmen als nachhaltig eingestuft wird, darf es keinem dieser sechs Umweltziele „signifikant schaden“, und muss zu mindestens einem Umweltziel einen Beitrag leisten. Dazu müssen Organisationen in delegierten Verordnungen vorgegebene technische Bewertungskriterien erfüllen. Weiterhin müssen sie Mindestanforderungen in den Bereichen Unternehmensführung (Governance), Menschen- und Arbeitnehmerrechte erfüllen. Die erste delegierte Verordnung war die VO (EU) 2021/2139, die festlegt, unter welchen Bedingungen eine Wirtschaftstätigkeit einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz oder zur Anpassung an den Klimawandel leistet . Zudem wie die Bestimmung erfolgt, ob diese Wirtschaftstätigkeit erhebliche Beeinträchtigungen eines der übrigen Umweltziele vermeidet.
Änderung der EU-Taxonomie
Diese Verordnung änderte sich im März 2022 mit der VO (EU) 2022/1214. Damit erreichte die EU-Taxonomie auch eine breite Öffentlichkeit, denn die Änderung wurde kontrovers diskutiert. U.a. lehnte die Bundesregierung sie ab, da sie u.a. die Stromerzeugung aus bestehenden Kernkraftwerken, den Bau neuer Kernkraftwerke zur Erzeugung von Strom oder Wärme (einschließlich der Erzeugung von Wasserstoff) sowie die Stromerzeugung aus fossilen gasförmigen Brennstoffen berücksichtigt, die somit – bei Erfüllung der technischen Bewertungskriterien – als nachhaltige Wirtschaftstätigkeit gelten können. Die delegierten Verordnungen, die analog zur VO (EU) 2021/2139 die Anforderungen für die vier übrigen Umweltziele festlegt, wurden bisher noch nicht im EU-Amtsblatt veröffentlicht. Mit VO (EU) 2021/2178 wurde zudem festgelegt, wie die zusätzlichen Informationen, die nach NFRD/CSRD berichtspflichtige Unternehmen nach Art. 8 der Taxonomie-VO offenlegen müssen – nämlich Anteil ihrer Umsatzerlöse, Investitionsausgaben („CapEx“) und Betriebsausgaben („OpEx“) in Verbindung mit den als ökologisch nachhaltig eingestuften Wirtschaftstätigkeiten – zu ermitteln sind.
Diese Anforderung verbindet die Taxonomie mit der CSRD. Nach letzterer zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtete Unternehmen müssen also zunächst ermitteln, welche ihrer Aktivitäten „taxonomiefähig“ sind. Das heißt, ob für diese Aktivitäten in einer delegierten Verordnung zur Taxonomie-VO technische Bewertungskriterien vorliegen. Und wenn ja, inwieweit die Aktivitäten taxonomiekonform sind, d.h. prüfen, ob sie die technischen Bewertungskriterien erfüllen. Schließlich erfolgt die Überprüfung, ob bei den Tätigkeiten die Mindestanforderungen in den Bereichen Menschen- und Arbeitnehmerrechte erfüllt sind. Die Anforderungen hieran sind in Art. 18 VO (EU) 2020/852 aufgeführt
Beispiel: Zementherstellung
Die Herstellung von Zementklinker, Zement oder alternativen Bindemitteln (NACE-Code C.23.51) ist nach Art. 10 (2) VO (EU)2020/52 bei Erfüllung der technischen Bewertungskriterien eine Übergangstätigkeit, da es keine technologisch und wirtschaftlich durchführbare CO2-arme Alternative gibt. (Eine Auswirkung auf die Berichtspflichten hat dieses nicht, die Zementherstellung ist also taxonomiefähig.) Zu den technischen Kriterien für einen wesentlichen Beitrag zum Klimawandel gehören z.B. bei der Herstellung von Zement aus Grauklinker CO2-Emissionen von weniger als 0,469 t CO2-Äq./Tonne Zement.
Zur Vermeidung und Verminderung von Umweltverschmutzung wird gefordert, dass die übrigen Emissionswerte innerhalb der mit den besten verfügbaren Techniken (einschließlich der BVT-Schlussfolgerungen für die Herstellung von Zement, Kalk und Magnesiumoxid) assoziierten Spannen von Emissionswerten bleibt.
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