Lesen Sie mehr dazu, wie Sie Ihr betriebliches Energiemanagement in ein nachhaltiges Klimamanagement in Ihrem Unternehmen integrieren können. Seit dem Hitzesommer 2018, der die damalige Bundesregierung zur Bildung eines „Klimakabinetts“ veranlasste, nimmt der Druck auf Unternehmen kontinuierlich zu, sich mit dem Klimaschutz zu beschäftigen. Das Klimakabinett brachte das deutsche Klimaschutzgesetz (KSG) und den nationalen Emissionshandel (Brennstoffemissionshandelsgesetz, BEHG) auf den Weg. Die Klimakrise wird maßgeblich auch durch industrielle Prozesse verursacht. Damit haben Unternehmen einen Hebel in der Hand, an ihrer Beendigung mitzuwirken. Aktuell ist es die Nachhaltigkeitsberichterstattung nach EU-CSR-Richtlinie, die viele Unternehmen auch zur Beschäftigung mit dem Klimaschutz zwingt.
Politische Vorgaben zum Klimamanagement
Andere europäische Vorgaben geben ambitionierte Ziele für den Klimaschutz vor. Nach dem „Europäischen Klimagesetz“ (VO (EU) 2021/1119) müssen die Mitgliedsstaaten dafür sorgen, dass die Treibhausgas (THG)-Emissionen der EU bis 2030 ggü. dem Basisjahr 1990 um mindestens 55 Prozent sinken. Deutschland hat sich mit dem 2021 aufgrund einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts verschärften KSG zu einer Reduzierung um 65 Prozent verpflichtet. Mit der vorgeschlagenen EU-„Green-Claims“-Richtlinie (COM/2023/166 final) dürfen Unternehmen zudem Aussagen wie „klimaneutral“ über Produkte oder Geschäftspraktiken künftig nur noch verwenden, wenn sie diese auch tatsächlich belegen können.
Die EU-CSR-Richtlinie (RL (EU) 2022/2464) und die zugehörigen Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung (ESRS) zeigen die besondere Rolle des Klimaschutzes für die Politik und damit für die Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung. Der Klimaschutz ist das einzige Thema, bei dem die zur Berichterstattung verpflichteten Unternehmen eine ausführliche Begründung geben müssen, falls sie es bei der geforderten doppelten Wesentlichkeitsanalyse nicht als wesentlichen Nachhaltigkeitsaspekt bewerten (vgl. Art. 32 ESRS 1).
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Warum Klimamanagement?
Nach dem Hitzesommer 2018 hat in Deutschland der trockene Winter 2018/2019 die bereits 2018 eingetretene Dürre in das Jahr 2019 hinein verlängert, was z.B. im Harz zu einem Waldsterben geführt hat. Im Jahr 2021 starben dann im Ahrtal bei einem Hochwasser mindestens 135 Menschen. Um Weihnachten 2023 kam es zu einem bis ins Jahr 2024 anhaltenden Hochwasser vor allem im Norden Deutschlands.
Zunehmende Extremwetterereignisse gehören zu den prognostizierten Folgen des Klimawandels. Sie führen dazu, dass Nachrichten von noch viel schlimmeren Folgen in anderen Teilen der Welt (riesige Waldbrände in Kalifornien, Kanada, Australien, Russland, Dürre und Hunger in Madagaskar, …) anders wahrgenommen werden. Die Warnungen der Wissenschaftler vor den Folgen des Klimawandels werden besser gehört. In der Konsequenz werden von vielen Unternehmen Verhaltensänderungen seitens ihrer Kunden erwartet (oder befürchtet). Aus Sicht von Unternehmen sind mit dem Klimawandel also nicht nur die gesetzlichen Verpflichtungen zur Verringerung der THG-Emissionen, sondern weitere Risiken verbunden. Dabei wird unterschieden zwischen:
- physischen Risiken – Risiken, die auf physische Ereignisse zurückgehen, etwa Engpässe in der Lieferkette oder Überschwemmung von Standorten durch extreme Wettereignisse wie Stürme oder Hochwasser oder auch „chronische physische Risiken“ wie Produktionseinschränkungen aufgrund von Wassermangel in Dürreperioden oder Belastungen der Beschäftigten aufgrund von Hitzewellen, und
- Übergangsrisiken (auch: „Transitionsrisiken“) – Risiken, die aufgrund des Übergangs zu einer Wirtschaft mit geringerem Treibhausgas-Ausstoß einhergehen – etwa veränderte politische Rahmenbedingungen (CO2-Grenzwerte für Produkte, CO2-Bepreisung von Energieträgern), veränderte Kunden- oder Verbrauchererwartungen, technologische Risiken durch neue Technologien, …
Chancen durch Klimamanagement
Andererseits sind mit dem Klimawandel natürlich auch Chancen verbunden, etwa:
- Kosteneinsparungen durch verbesserte Energieeffizienz,
- Verfügbarkeit emissionsärmerer Produkte (z.B. Elektro-Lieferwagen für den Warentransport),
- Förderung der Nutzung erneuerbarer Energien,
- Förderung emissionsärmerer Produktionsverfahren,
- Imagegewinn durch innovative, emissionsarme Produkte und Dienstleistungen,
- Erschließung neuer, „grüner“ Märkte,
- Zugang zu nachhaltigen Finanzmitteln.
Damit die mit dem Klimawandel verbundenen Risiken beherrscht und die mit ihm verbundenen Chancen effizient genutzt werden können, empfiehlt sich ein systematisches Vorgehen. Eine systematische Handlungsweise mit Festlegung von klaren Verantwortlichkeiten und dem Planen und der Steuerung des Vorgehens zur Verringerung der THT-Emissionen zur Anpassung des Unternehmens an die Folgen des Klimawandels. Die Planung und Steuerung der hierfür relevanten Prozesse wäre dabei genau die Definition für ein betriebliches Klimamanagement.
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Ausgangspunkt Energiemanagementsystem
Global gesehen und auch in Deutschland sind die Kohlendioxid-(CO2-)Emissionen die mit Abstand wichtigste THG-Emission. Bei diesen wiederum sind es primär die Emissionen aus der Nutzung fossiler Brennstoffe. In Deutschland beträgt er berechnet in CO2-Äquivalent (CO2-eq) fast 90 Prozent. Um die Wirkung der verschiedenen Treibhausgase miteinander vergleichbar zu machen, wird die Erwärmungswirkung eines Treibhausgases (über den Zeitraum von 100 Jahren) mit der Erwärmungswirkung von Kohlendioxid (CO2) verglichen und in CO2-Äquivalent (CO2-eq) angegeben. Methan z.B. erwärmt die Erde 28mal stärker als CO2. Die Emission von 1 Tonne Methan entspricht damit 28 Tonnen CO2-eq.
Daher ist die Verbesserung der Energieeffizienz ein zentraler Ansatzpunkt auch für die Verringerung der THG-Emissionen. Damit ist ein Energiemanagementsystem nach ISO 50001 ein naheliegender Ansatzpunkt für die Einführung eines Klimamanagements. Analog gilt das auch für ein Umweltmanagementsystem nach ISO 14001 oder EMAS-VO - Betrachtung THG-Emissionen als Umweltaspekt. Sieht man sich die Vorgehensweise an, wie sie als Vorschläge in Leitfäden zum Klimamanagement stehen, gehören nach den vorbereitenden Schritten (Projektziele festlegen – welche Anforderungen soll das Klimamanagementsystem erfüllen?, Projektorganisation planen) zu den zentralen Schritten die Erstellung einer Treibhausbilanz, die Strukturierung der Datenerhebung, die Entwicklung einer Klimastrategie (zu der auch das Festlegen kurz-, mittel- und langfristiger Klimaziele und von Maßnahmenplänen gehören), die Umsetzung der Maßnahmenpläne, die begleitende Kommunikation innerhalb des Unternehmens, die Messung der Zielerreichung sowie ggf. (je nach Ziel des Klimamanagements) die externe Kommunikation. Für diese Punkte gibt es in einem Energiemanagementsystem nach ISO 50001 allesamt einen Gegenpart.
Festlegen der Anforderungen an das Klimamanagement
Bei der Klärung der Frage, welche Ziele mit dem Klimamanagement verbunden sind und welche Anforderungen zu erfüllen sind, sollten Sie geltende rechtliche und andere Anforderungen (4.2 ISO 50001) beachten: So sind ggf. rechtliche Anforderungen im Zusammenhang mit dem EU-Emissionshandel zu erfüllen, Kunden erwarten Klimaneutralität bis zu einem bestimmten Zieljahr oder das Unternehmen entscheidet sich, die THG-Emissionsbilanzierung nach den Vorgaben eines Standards wie ISO 14064-1 oder Greenhouse-Gas-Protocol (GHG-Protocol) – siehe Erstellen einer THG-Bilanz unten – durchzuführen.
Projektorganisation
Die Verantwortlichkeiten für die Einführung des Klimamanagements können z.B. – bei entsprechenden zeitlichen Ressourcen und Kompetenzen – dem Energiemanagementteam übertragen werden. Die Verantwortlichen betreuen oftmals nach erfolgter Einführung das Klimamanagement weiterhin (5.3 ISO 50001).
Erstellen einer THG-Bilanz
Zentrale Grundlage für das Klimamanagement ist eine Bestandsaufnahme der mit den Geschäftstätigkeiten verbundenen Treibhausgasemissionen in einer THG-Bilanz. Dies nennt man auch „CO2-Fußabdruck“ des Unternehmens oder „Corporate Carbon Footprint“. Für die Erstellung einer THG-Bilanz gibt es international bekannte Richtlinien und Standards. Etwa der vom World Resources Institute (WRI) und dem World Business Council for Sustainable Development (WBCSD) entwickelte (und kostenlos verfügbare) GHG-Protocol Corporate Standard (https://ghgprotocol.org) oder die ISO 14064-1. Bei der THG-Emissionsbilanzierung wird zwischen Scope-1, -2 und -3-Emissionen unterschieden:
- Scope-1-Emissionen sind die direkten THG-Emissionen aus eigenen Aktivitäten, z.B. die THG-Emissionen der Gasheizung,
- Scope-2-Emissionen sind die indirekten Emissionen aus dem Bezug leitungsgebundener Energie, z.B. die Emissionen aus dem Stromverbrauch (sofern keine Eigenerzeugung),
- Scope-3-Emissionen sind die sonstigen indirekten Emissionen, die direkt oder indirekt durch das Unternehmen verursacht werden, z.B. durch eingekaufte Güter und Dienstleistungen.
Grundlage der THG-Bilanzierung sind Aktivitätsdaten (maßgeblich Energieverbräuche), aus denen man dann mit Hilfe von Emissionsfaktoren (z.B. kg CO2-Emissionen pro kWh Stromverbrauch) die THG-Emissionen errechnet. Die benötigten Aktivitätsdaten für die Energieverbräuche liegen aufgrund der energetischen Bewertung im EnMS (6.3 ISO 50001) bereits vor. Somit können Sie nach Ermittlung der Emissionsfaktoren (z.B. aus der Energierechnung oder aus Veröffentlichungen etwa des Umweltbundesamtes [„CO2-Emissionsfaktoren für fossile Brennstoffe“, www.umweltbundesamt.de]) die maßgeblichen Scope-1 und -2-Emissionen auf dieser Grundlage berechnen.
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Strukturierung der Datenerhebung
Die Qualität der für die THG-Bilanzierung verwendeten Energiedaten wird schon aufgrund der Anforderungen (ó 6.6 ISO 50001) des EnMS beurteilt und dokumentiert, ebenso wie Datenquellen, erfasste Zeiträume und erfassende Personen. Für die Daten aus anderen Quellen kann die Vorgehensweise aus dem EnMS erweitert werden.
Entwicklung einer Klimastrategie
Eine Klimastrategie formuliert die Ausrichtung und übergeordneten Absichten der Organisation in Bezug auf Klimaschutz und die Anpassung an den Klimawandel. Sie kann damit aus einer Erweiterung der Energiepolitik (ó 5.2 ISO 50001) abgeleitet werden. In einer Klimastrategie sollte ein Bekenntnis zur im Klimaschutz relevanten Maßnahmenhierarchie „Vermeiden vor Neutralisieren vor Kompensieren“ enthalten sein. Dabei soll ebenfalls die langfristige Ausrichtung des Unternehmens (Klimaneutralität?) deutlich werden. Zur Klimastrategie und zur THG-Bilanzierung nach GHG-Protocol oder ISO 14064-1 gehören auch die Festlegung von Zielen und Maßnahmenplanung. Auch hier kann für die Reduzierung der Scope-1 und -2-Emissionen an die Energieziele und die zugehörigen Aktionspläne (6.2 ISO 50001) angeknüpft werden. Zu beachten ist, dass im Klimamanagement oft andere Zeithorizonte als im Energiemanagement gelten– mittelfristige Ziele beziehen sich z.B. (in Anlehnung an die politischen Zielvorgaben) auf das Jahr 2030, langfristige Ziele auf 2045 oder 2050.
Umsetzung der Maßnahmenpläne
Bei der Umsetzung der Maßnahmen kann – je nach Art der festgelegten Maßnahmen - an die (6.1.2 ISO 50001) Maßnahmen zum Umgang mit Risiken und Chancen, die Aktionspläne (6.2 ISO 50001), die betriebliche Planung und Steuerung (8.1 ISO 50001), die Auslegung (8.2 ISO 50001) und die Beschaffung (8.3 ISO 50001) angeknüpft werden. Letztere ist vor allem ein Ansatzpunkt für die Verminderung der Scope-2 und -3-Emissionen. Dies geschieht etwa durch die Beschaffung von Strom, Dampf oder Wärme aus erneuerbaren Energien. Oder durch unvermeidbare Abwärme oder von Produkten mit möglichst geringem CO2-Fußabdruck.
Interne Kommunikation
Die begleitende Kommunikation innerhalb des Unternehmens ist eine Voraussetzung für das Engagement der Beschäftigten für das Klimamanagement. Hier können Unternehmen an das Vorgehen zur internen Kommunikation im EnMS (7.4 ISO 50001) anknüpfen.
Messung der Zielerreichung
Auch im Klimamanagement ist es üblich, die Zielerreichung mit geeigneten KPIs (6.4 ISO 50001), oftmals t CO2-eq. bezogen auf eine geeignete Referenzzahl für Produktionsmenge oder Umsatz, mit den Treibhausgasemissionen eines Basisjahres (6.5 ISO 50001) zu vergleichen. Das Vorgehen aus dem EnMS kann also für die neuen Ziele erweitert werden.
Externe Kommunikation
Um Stakeholdern die Bemühungen um den Klimaschutz nahezubringen, entscheiden sich viele Unternehmen für eine Veröffentlichung ihrer THG-Emissionsbilanzen. Oder sie erstellen „Klimaberichte“ bzw. nehmen entsprechende Informationen in ihre Nachhaltigkeitsberichte auf. Die geforderte Zuverlässigkeit der Informationen (7.4 ISO 50001) können Unternehmen durch eine externe Verifizierung der THG-Emissionsbilanzen nach GHG-Protocol oder ISO 14064-1 nachweisen.
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