Was ist die Food Fraud Schwachstellenanalyse & wie funktioniert diese?

Wir zeigen Ihnen, wie Sie anhand einer Food Fraud Schwachstellenanalyse Ihr Ziel vom effektives System gegen den Lebensmittelbetrug erreichen. Dabei sollen Sie, wenn Sie die Anforderungen der Standards für Lebensmittelsicherheit erfüllen wollen, einen dokumentierten Plan zur Verhinderung von Lebensmittelbetrug erarbeiten.

Das Thema Food Fraud (Betrug bei Lebensmitteln) ist dabei zwar kein ganz neues Thema mehr, aber gerade seitdem Standards wie zum Beispiel der IFS Food 6.1 oder BRC dieses Thema als feste Anforderung aufgegriffen haben, tut sich sehr viel, was Informationen und Literatur zu diesem Thema angeht. Daher können wir Ihnen heute auch schon recht genaue Informationen geben, was sich die Standardgeber unter diesem Plan vorstellen.

Warum sollten Sie eine Food Fraud Schwachstellenanalyse gegen den Lebensmittelbetrug vornehmen?

Was an dem Gerücht dran ist, dass die italienische Mafia mittlerweile mehr Geld durch Lebensmittelbetrug verdient als durch Drogen- und Waffengeschäfte zusammen, vermag niemand genau zu sagen. Fakt ist dabei aber, dass die Anstrengungen der Polizei (Interpol und Europol) mittlerweile nicht mehr ausreichen. Daher wurde auf europäischer Ebene ein Meldesystem entwickelt, um auch international alle bekannten Fälle von Lebensmittelbetrug zu registrieren, sich gegenseitig zu informieren und zu bekämpfen. Die zentrale Stelle für diese Aufgabe in Deutschland ist das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL). Hier laufen alle Informationen der Lebensmittelüberwachung und der Analyselabore zusammen, die sich auf Food Fraud beziehen.

Da also Überwachung, Information sowie polizeiliche Aktionen nicht ausreichen, um die mittlerweile in weiten Strecken schon organisierte Kriminalität in den Griff zu bekommen, sind auch alle Unternehmen gefragt, eigene Systeme zur Bekämpfung von Food Fraud aufzubauen. Was steckt jetzt aber dahinter, wenn ein Plan zur Verminderung von Lebensmittelbetrug gefordert wird? Allen Standards gemeinsam ist die sogenannte Food Fraud Schwachstellenanalyse, die auch Verwundbarkeitsanalyse oder Food Fraud Gefahrenanalyse genannt wird. Diese wird auch bereits im internen Audit überprüft und ist somit auch fester Bestandteil innerhalb Ihres Managementsystems.

Food Fraud Guideline internes Audit


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Bilden Sie ein Team aus Experten, um die Anforderungen zu Food Fraud umzusetzen

Die Standards fordern nicht explizit die Installierung eines Teams, wie dies bei HACCP der Fall ist. Aber es gibt dafür die eindeutige Empfehlung. Dabei sollte dieses Team aus verschiedenen Experten im Unternehmen bestehen wie z. B. Einkauf, Produktion, QS/QM und Wareneingang. Food Fraud bzw. die Schwachstellenanalyse oder Gefahrenanalyse kann nicht nur ein Thema des Qualitätsmanagements sein. Mindestens der Einkauf muss stark involviert sein, weil es eine Überprüfung der Lieferanten und Produkte bzw. Dienstleistungen geben muss.

Von der Risikoanalyse hin zum Plan gegen Lebensmittelbetrug

Weiterhin soll das Team eine Food Fraud Schwachstellenanalyse durchführen. Dabei ist es zunächst notwendig, eine vollständige Liste aller Rohmaterialien, Zutaten, Verpackungsmaterialien sowie ausgelagerter Prozesse vorliegen zu haben. Dabei ist spätestens hier der Einkauf gefragt, aber möglicherweise auch andere Stellen, die zum Beispiel "Dienstleistungen beschaffen". Es soll nun für alle Materialien und Dienstleistungen, aber auch über alle Lieferanten eine Gefahrenanalyse durchgeführt werden. Es gibt keine konkrete Vorgabe, mit welcher Methode dies geschehen soll, möglich wäre da zum Beispiel eine Analyse anhand der Auftretenswahrscheinlichkeit und der Entdeckungswahrscheinlichkeit. Allerdings müssen die beiden Begriffe noch einmal eindeutig definiert werden, weil ihnen viele verschiedene Fragen zugrunde liegen.

Food Fraud Schwachstellenanalyse

Auftretenswahrscheinlichkeit:
Zum Beispiel kann man folgende Fragestellungen für die Bewertung der Auftretenswahrscheinlichkeit heranziehen:

  • Gab es bei der Produktgruppe in der Vergangenheit bekannte Betrugsfälle?
  • Wie verhalten sich die Preise dabei? Gibt es Auffälligkeiten?
  • Wie ist die Verfügbarkeit der Materialien (z. B. Missernten)?
  • Wo findet die Herstellung des Produktes statt?
  • Woher kommen die Rohstoffe des bezogenen Produktes?

Entdeckungswahrscheinlichkeit:
Fragestellungen, die als Grundlage der Bewertung der Entdeckungswahrscheinlichkeit dienen könnten, sind:

  • Welchen (Aggregat-)Zustand hat das Produkt (z. B. Flüssigkeit, pulverförmig, homogen verteilt)?
  • Ist die Art des Produktes deutlich zu erkennen (z. B. ganze Früchte)?
  • Besteht das Produkt aus vielen Einzelkomponenten?
  • Gibt es spezielle Auslobungen (z. B. Bio, Kosher, Halal)
  • Ist eine Verfälschung leicht zu analysieren?
  • Gibt es vorliegende Analysenergebnisse?
  • Ist eine Verfälschung beim Wareneingang oder bei Verwendung festzustellen?

Food Fraud Schwachstellensanalyse - Analyse der Lieferanten nicht vergessen!

Zusätzlich zu einer Schwachstellenanalyse der Produkte soll zudem auch eine Analyse der Lieferanten vorgenommen werden. Hierfür sind folgende mögliche Fragestellungen relevant:

  • Bezieht der Lieferant seine Rohware bei einer großen Anzahl von Unterlieferanten?
  • Ist das liefernde Unternehmen (Lieferant und Unterlieferanten) nach einem GFSI (Global Food Safety Initiative) anerkannten Standard zertifiziert?
  • Haben Sie zufriedenstellende Lieferantenaudits durchgeführt, bei denen auch hinsichtlich Food Fraud bewertet wurde?
  • Wie ist der Lieferant in Ihrer Lieferantenbewertung eingestuft?
  • Liefert der Lieferant regelmäßig Analysenergebnisse hinsichtlich Verfälschungen oder Auslobungen (z. B. Bio)?
  • Kommt der direkte Lieferant aus einem eher sicheren Herkunftsgebiet (in Anlehnung an Korruptionsindex)?
  • Kommen alle Unterlieferanten aus einem eher sicheren Herkunftsgebiet?
  • Haben Sie Informationen über die Herkunft der Unterlieferanten?
  • Wo findet die eigentliche Herstellung des Produktes statt?
  • Ist der Lieferant der Hersteller oder ein Broker?

Nach der vorgegebenen Matrix oder aus den einzelnen Fragestellungen heraus werden die Risiken in drei Risikogruppen eingestuft, die eine Priorisierung von Maßnahmen vorgeben. Dadurch wird aus dieser Bewertung dann der Plan zur Verminderung des Lebensmittelbetrugs abgeleitet.

Wie könnte ein Plan gegen den Lebensmittelbetrug aussehen?

Die aus der Food Fraud Schwachstellenanalyse hergeleiteten Maßnahmen können grundsätzlich sein:

  • Produkt-Überprüfungen
  • Lieferanten-Audits
  • Lieferanten-Fragebögen
  • Rückverfolgbarkeitstest (Mengenanalysen)
  • Produktanalysen

Dabei können je nach Art des Risikos auch andere Maßnahmen sinnvoll werden, wie zum Beispiel ein Wechsel des Lieferanten oder Rohstoffes. Der IFS schlägt als Plan eine Tabelle vor. In den ersten Spalten werden die Bewertungen aus der Risikomatrix zusammengefasst, mit einer abschließenden Teamentscheidung. Die wichtigste Spalte sind dann die daraus abgeleiteten „überarbeiteten Steuerungs- und Kontrollmaßnahmen“, die in die übrigen Managementsystem-Vorgaben aufgenommen werden müssen, z. B. Einkaufsvorgaben, Lieferantenbewertung, Prüfpläne. Auf jeden Fall sollte es To-Do-Listen geben, um festzulegen, wer welche Steuerungsmaßnahmen bis zu welchem Termin umsetzen muss (im Sinne der Korrekturmaßnahmen- Steuerung innerhalb der QM-Systeme).

Überprüfen Sie die ergriffenen Maßnahmen mit einer erneuten Food Fraud Schwachstellenanalyse!

Die im Plan festgelegten Steuerungs- und Kontrollmaßnahmen müssen so umgesetzt werden, wie sie in die Vorgaben zum QM-System aufgenommen worden sind. Daher müssen also ggf. weitere Lieferantenaudits oder umfangreichere Produktanalysen durchgeführt werden. Dabei soll das gesamte System nach Umsetzung aller Maßnahmen in einer erneuten Schwachstellenanalyse überprüft werden. Dies soll spätestens in einem Zeitabstand von einem Jahr, bei grundsätzlichen Änderungen (beispielsweise Wechsel von Lieferanten oder Produkten) aber unmittelbar nach Änderung erfolgen. Wenn dann Schwachstellen erfasst werden, müssen die Steuerungsmaßnahmen erneut angepasst werden.


Excel Icon

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Gibt es andere Möglichkeiten für eine Food Fraud Schwachstellenanalyse?

Natürlich ist es auch möglich, ein eigenes System der Schwachstellenanalyse und damit des Food Fraud Plans zu erarbeiten. Zum Beispiel ist es möglich, einzelne Fragestellungen direkt zu bewerten. Dabei kann man auch anstelle einer Matrix die Berechnung einzelner Kriterien durchführen. Dies können Multiplikationen, Additionen oder auch Gewichtungen mit anschließender Addition sein. Es muss abschließend eine logische Herleitung der Priorisierung und damit der steuernden Maßnahmen möglich sein.

Bewertungskriterien:
Als Bewertungskriterien könnten für alle Rohstoffe, Zutaten, Verpackungsmaterialien sowie Anbieter von Dienstleistungen für ausgelagerte Prozesse folgende Kriterien herangezogen werden:

  • Bekannte Verstöße
  • Preis, Preisentwicklung
  • Art des Produktes
  • Lieferantenverhältnis
  • Herkunft

Wie sehen diese Kriterien genau aus?

Dabei muss auch für die o. g. Kriterien noch einmal differenziert werden, welche Fragestellungen sich dahinter verbergen.

Bekannte Verstöße:
Gehen Sie auf Nummer sicher, indem Sie bereits vorgefallene Verstöße für folgende Parteien festhalten:

  • des Lieferanten
  • innerhalb der Branche
  • bei den gelieferten Produkten

Preis, Preisentwicklung:
Unter diesem Punkt werden die zurzeit vereinbarten Preise festgehalten sowie die Preisentwicklung sowie die Verfügbarkeit analysiert.

  • Sind die Preise eher niedrig oder im Hochpreissektor?
  • Gibt es zum Zeitpunkt der Bewertung starke Preisschwankungen?
  • Sind die Preise extreme „Schnäppchenpreise“?
  • Ist die Verfügbarkeit des Produktes eher schwankend?

Art des Produktes:
Hierzu wird der (Aggregat-)Zustand des Produktes beschrieben. Je homogener und feiner der Zustand ist, desto leichter ist eine Verschneidung möglich.

  • Ist das Produkt pulverförmig oder flüssig?
  • Besteht das Produkt aus mehreren Inhaltsstoffen?
  • Ist deutlich erkennbar, um was für ein Produkt es sich handelt (z.B. ganze Früchte)?
  • Gibt es zum Produkt besondere Auslobungen, z.B. Bio, frei von Gentechnik, …?

Lieferantenverhältnis:
Beschreiben Sie die Art des Lieferverhältnisses, indem Sie folgende Fragen beantworten:

  • Bezieht der Lieferant seine Rohwaren bei vielen Unterlieferanten?
  • Ist das liefernde Unternehmen nach einem GFSI-anerkannten Standard zertifiziert?
  • Wie gut sind Ihre Kenntnisse zum Lieferanten?
  • Haben Sie zufriedenstellende Lieferantenaudits durchgeführt, (inkl. Food Fraud)?
  • Wie ist der Lieferant in Ihrer Lieferantenbewertung eingestuft?
  • Liefert der Lieferant regelmäßig Analysenergebnisse hinsichtlich Verfälschung oder Auslobung?

Herkunft:
Hier geht es schließlich um die Frage, ob die Herkunft der Produkte eher sicher oder eher unsicher ist:

  • Kommt der direkte Lieferant aus einem eher sicheren Herkunftsgebiet?
  • Kommen alle Unterlieferanten aus einem eher sicheren Herkunftsgebiet?
  • Haben Sie Informationen über die Herkunft der Unterlieferanten?
  • Gibt es viele Unterlieferanten für die bewerteten Produkte?
  • Wo findet die eigentliche Herstellung des Produktes statt?
  • Ist der Lieferant der Hersteller oder ein Broker?

Wie Sie nun sicher feststellen können, stehen uns diverse Möglichkeiten zur Verfügung, um im eigenen Unternehmen eine Food Fraud Schwachstellenanalyse vorzunehmen.


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