Agiles Arbeiten ermöglicht die schnellere, flexiblere und kostengünstigere Herstellung von Produkten oder Umsetzung von Dienstleistungen. Das Zitat „Denkt daran, dass Zeit Geld ist“, stammt von Benjamin Franklin. Bereits im Jahr 1748 hat er in seinem Buch „Ratschläge für junge Kaufleute“ darauf hingewiesen, dass die Zeit als eine knappe Ressource aufzufassen ist. Die Botschaft lautet im Kern, bei der Arbeit keine Zeit zu verschwenden. Damit sind wir dem Adjektiv „agil“ bereits sehr nah gekommen. Die Internetseite „Wortwuchs“ übersetzt agil mit „rege oder wendig“ und damit, dass etwas äußerst beweglich ist. Agiles Arbeiten nutzt deshalb Methoden, um qualitativ hochwertige und innovative Produkte oder auch Dienstleistungen schneller, flexibler auf die Kundenwünsche hin und somit kostengünstiger entstehen zu lassen.
Da der IT-Bereich diese Methodik als agiles Manifest (Manifesto for agile Software Development, 2001; https://agilemanifesto.org) entwickelt hat, ist sie in vielen Produktionsunternehmen noch relativ unbekannt. Der nachfolgende Text stellt sie Ihnen vor und gibt Tipps zur Entscheidung, ob agiles Arbeiten für Ihr Unternehmen geeignet ist.
Warum ist im Unternehmen agiles Arbeiten sinnvoll?
Bisher lautete im Projektmanagement die Vorgabe, dass ein Projekt am Start mit Hilfsmitteln, wie Projektstrukturplan mit Arbeitspaketen und zeitlicher Darstellung im Netzplan komplett durchgeplant wird. Dieser Plan mit seinen starren Hierarchien sowie unflexiblen und vordefinierten Strukturen wird danach Schritt für Schritt realisiert. Bei langfristigen und komplexen Softwareprojekten stellte sich dieses Vorgehen zunehmend als Stolperstein heraus. Die Rahmenbedingungen ändern sich durch die rasante Entwicklung der technischen Voraussetzungen und Wünsche der Kundschaft während der Projektlaufzeit so schnell, dass die Planung einfach nicht mehr passt. Mit zunehmender Agilität und agilen Methoden sowie Werkzeugen eröffnen sich den Projektteams Möglichkeiten, um mit dieser Innovationsgeschwindigkeit schrittzuhalten.
Nachdem die Softwarebranche bewiesen hat, dass agiles Arbeiten Vorteile wie z.B. mehr Transparenz, klare Verantwortliochenkeiten oder auch die besser Einhaltung von Fristen bringt, haben sich mehr und mehr Unternehmen, die Hardware entwickeln und produzieren sowie Dienstleistungsunternehmen, dieser Möglichkeit bedient. Sie haben sich damit für Veränderungen von Strukturen entschieden und ihre Arbeitsweisen agil bzw. agiler gestaltet, z.B. mit der Einführung einer dynamischen Umgebung. Das bedeutet, dass bei der Entstehung von etwas Neuem Dynamik, Flexibilität und Anpassungsfähigkeit gefordert ist. Das Endprodukt wird nicht final definiert. Es entsteht viel mehr durch einen iterativen Prozess, wobei das Projektteam selbstorganisiert arbeitet. Ein geplantes Vorgehen – wie beim klassischen Projektmanagement – würde das agile Arbeiten, wie es hier der Fall ist, eher behindern.

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Welche Werkzeuge und Methoden des agilen Arbeitens gibt es?
Agiles Arbeiten wird operativ durch die Anwendung von agilen Methoden unterstützt. Die Tabelle gibt Ihnen einen Überblick über die wichtigsten Methoden bzw. Werkzeuge, die es in der Regel ermöglichen, agiler zu Arbeiten.
Methoden bzw. Werkzeuge | Beschreibung der Methoden und Werkzeuge | Im Arbeitsalltag | Führung | Innovation | Projektmanagement | Produktentwicklung |
---|---|---|---|---|---|---|
Business-Model-Generation | Design-Werkzeug zur Modellierung und Visualisierung von Geschäftsmodellen, die aus neun Blöcken aufgebaut werden. | X | ||||
Business-Value | Bewertung von Aufgaben bezüglich ihres Wertbeitrags für das Unternehmen (Umsatz, Steigerung des Kundennutzens, technischer Wert), um diese danach zu priorisieren und zu ordnen. | X | ||||
Customer-Development Methode | Methodik mit der Beschreibung des gesamten Wegs mit den Stationen Geschäftsidee, Geschäftsmodell (Lean-Statup- Methode), Eroberung des Marktes bis hin zum tätigen Unternehmen. | X | ||||
Daily-Standup-Meeting | Ca. 15-minütiges informelles Meeting des Gesamtteams, in dem jedes Team-Mitglied kurz von seinen anstehenden Aufgaben und den Fortschritten berichtet. | X | ||||
Design-Thinking | Entwicklungsphasen, um das Problem zu verstehen, dann Lösungen zu finden und diese in Prototypen zu überführen. | X | X | |||
Empathy Map | Verständnis für die Bedürfnisse der Kundengruppen gewinnen, indem Ziele, Ängste & Wünsche analysiert & visualisiert werden | |||||
Fokuszeit | Täglicher Zeitraum, in dem keine Meetings stattfinden, Telefone aus- bleiben, ohne Smalltalk zur Konzentration auf die Aufgabe. | X | ||||
Innovation-Hour | Treffen in Abständen von zwei Wochen, in dem Mitarbeiter die größten Fehler der vergangenen Woche vorstellen können, um aus dem individuellen Fehler zu lernen und diesen zu vermeiden. Fehlerfreie Prozesse werden als Innovation standardisiert. | X | ||||
Kanban | Task-Board (To Do, In Progress, Done). Für die Spalten werden Kriterien zur Einstufung festgelegt. | X | ||||
MVPs | Minimum-Viable-Products sind Testballons, mit denen Annahmen über die Kundenanforderungen direkt am Markt getestet werden. | X | ||||
OKR | Führungsinstrument auf der Basis von Zielvorgaben (Objectives) und quantitativen Ergebnissen (Key-Results). | X | ||||
Open Innovation | Ansatz zur Integration der Kunden in die Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen. | X | ||||
Planning-Poker | Visuelles Bewertungswerkzeug, mit dem basierend auf Poker-Karten die Business-Werte der Aufgaben diskutiert werden. | X | ||||
Retrospektive | Einstündiges Meeting am Ende der Timebox, in dem folgende Fragen besprochen werden: Was hat nicht funktioniert (Verbesserungsbedarf)? Was hat gut funktioniert (Standardisierung)? | X | ||||
Servant Leadership | Neues Rollenverständnis der Führungskraft als Dienstleister und Coach sowie Mentor für sein Team. | X | ||||
SCRUM, SCRUM ban | SCRUM ist ein Vorgehensmuster zur Umsetzung von (Software)-Produkten, wenn typischerweise nur wenige Anforderungen bereits bekannt sind. | X | ||||
Task-Board | Hilfsmittel, um die Aufgaben und Fortschritte des Teams zu visualisieren & organisieren (Bsp.: Kanban-Board) | X | ||||
Timeboxing | Aktivitäten, die mit festen Zeitspannen versehen werden, die sich über Stunden bis zwei Wochen erstrecken | X | ||||
User-Centered-Design (Lean-UX) | Der Nutzer wird in den Fokus der Entwicklungsaktivitäten gerückt, durch Interviews auf der Straße, rapid Prototyping, … | X | ||||
User-Stories | Anforderungen an ein Produkt oder eine Dienstleistung werden aus Sicht des Kunden bzw. Nutzers in Alltagssprache formuliert. | X | ||||
Value-Proposition-Design | Design-Werkzeug zur passgenauen Erfassung der Kundenbedürfnisse, Wünsche, Ängste & Entwicklung passgenauer Produkte | X | X |
Kernmerkmale einer agilen Organisation
Die reine Anwendung der in der Tabelle dargestellten agilen Methoden / Werkzeuge wird jedoch noch nicht die erfolgreiche Einführung in die agile Arbeitsweise bringen, da die grundlegende Basis für eine agiles Arbeiten nicht gegeben ist. Dafür sind weitere Veränderungen notwendig. Voraussetzung ist, dass das Unternehmen, mit den Führungskräften und allen Mitarbeitern in den Teams, sich auf gemeinsame agile Werte und Prinzipien festlegt. Diese Werte können folgende sein:
- Kundennutzen steht vor Planerfüllung
Die Entwicklung der Prozesse muss den größtmöglichen Wert für den Kunden erzielen, auch wenn sich Bedingungen oder die Kundenwünsche ändern. - Produkt steht vor Projekt
Klassische Projekte begreifen das Produkt als Projektziel als unverrückbar, Zeit und Kosten dagegen als Variable. Im Mittelpunkt des agilen Arbeitens steht das optimale Produkt. - Konzentration statt Verzettelung
Die Teams konzentrieren sich in Eigenregie auf die wesentlichen Umfänge, anstatt auf die Erfüllung wenig sinnvoller Nebenarbeiten (z.B. Berichtspflichten). - Teamarbeit steht vor Hierarchie
Interdisziplinär zusammengestellte autonome Teams bilden die komplette Wertschöpfungskette ab. So wird effektiv agiles Arbeiten ermöglicht. - Führungsarbeit steht vor Führungskraft
Die Führungsaufgaben obliegen nicht nur einer Führungskraft, sondern werden in Teilen durch das agile Team selbst übernommen. - Feedback steht vor Planverfolgung
Am Ende jedes Bearbeitungszyklus erfolgen zwei Feedbacks: Der Kunde bestätigt, ob der Weg und das Produkt passt. Das Team reflektiert, ob die agile Arbeitsweise stimmt, die neu eingeführten Prozesse zum Unternehmen und dem Team passen, und ob die getroffenen Entscheidungen zu einem realisierbaren Ergebnis führen.
Mit diesen Merkmalen, Werten und Prinzipien kann eine Unternehmenskultur entwickelt werden, die agiles Arbeiten im Unternehmen unterstützt und fördert. Dies erfordert natürlich Trainings und Coachings durch Fachexperten. Zugleich muss die Unternehmensleitung den Teams erlauben, eigenständig Entscheidungen treffen zu könne sowie ihnen weitreichende Autonomie und Verantwortung zugestehen.
Nur „ein bisschen Agilität“ ist nicht möglich
Die erste Erkenntnis bei der Beschäftigung mit den agilen Methoden lautet „entweder, oder“. Ein bisschen agil arbeiten ist nicht machbar, da agil bedeutet: weg vom klassischen hierarchischen Aufbau mit grundlegender Anpassung der Organisationsstruktur. Dieser Paradigmenwechsel erfordert agile Arbeit zur Unternehmenskultur zu erklären und diese Denkweise bei allen Beschäftigten zu verankern. Falls die Arbeit zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern noch nicht auf Augenhöhe stattfindet, bedeutet dies insbesondere für die Führungsebene eine große Veränderung hin zu mehr Agilität.

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