Fortlaufende Verbesserung im internen Audit bewerten

Mit einem Blick in die Norm ISO 9001 ergibt sich vielleicht die Wahrnehmung, dass das Thema der „Fortlaufenden Verbesserung“ – in der Vorgängerversion „Ständige Verbesserung“ genannt (in beiden Fällen aus dem englischen „Continual Improvement“ übersetzt) – eine von vielen Normanforderungen wäre. So weist der Blick auf die Überschriften in der Tat auf das letzte Kapitel der ISO 9001 Kapitel 10 in der Überschrift die „Verbesserung“ aus und das Kapitel 10.3 die „Fortlaufende Verbesserung“. Es ist jedoch noch mehr – in der Norm. Aber es ist noch wesentlich mehr – in der Auditierung. Und es ist überhaupt ein Alleinstellungsmerkmal – in der Begutachtung von Prozessen auf Basis einer Managementsystemnorm. Wir wollen uns heute dem Thema allgemein widmen.

Ausgangspunkt der Betrachtung

Es gehört nicht direkt zu den zu auditierenden Anforderungen der ISO 9001, jedoch zeigt das Kapitel 1 "Anwendungsbereich" der ISO 9001 exakt auf, um was es bei dem Managementsystem geht. Ebenfalls um was es auch bei der Auditierung eines Managementsystems nach ISO 9001 geht:

„Diese internationale Norm legt Anforderungen an ein QMS fest, wenn eine Organisation
a) Ihre Fähigkeit darlegen muss, beständig Produkte und Dienstleistungen bereitstellen zu können, die die Anforderungen der Kunden und die zutreffenden gesetzlichen und behördlichen Anforderungen erfüllen, und
b) Danach strebt, die Kundenzufriedenheit durch wirksame Anwendung des Systems zu erhöhen, einschließlich der Prozesse zur Verbesserung des Systems und der Zusicherung der Einhaltung von Anforderungen der Kunden und von zutreffenden gesetzlichen und behördlichen Anforderungen.

Unter a) verstehen wir die qualitätssichernden Maßnahmen zur Absicherung des Tagesgeschäftes im Rahmen der Umsetzung der Wertschöpfungskette (QS). Unter b) verstehen wir die Umsetzung der fortlaufenden Verbesserung (KVP) zur Erhöhung der Kundenzufriedenheit. In Kapitel 4.4.1 der ISO 9001 „QMS und seine Prozesse“ steht, dass die Organisation die Prozesse bestimmen muss …und muss h) die Prozesse und das QMS verbessern.“

Wie setzen wir nun die Anforderung zur Umsetzung der Verbesserung im Rahmen der internen Auditierung um?



Grundlegende Überlegung zur Verbesserung innerhalb der internen Auditierung

Zunächst bedeutet es nicht, dass alle Prozesse alle Möglichkeiten der Verbesserung fortlaufend anwenden müssen. Im englischen Originaltext heißt es „Continual Improvement“ und meint die ständige Auseinandersetzung mit dem Thema in Form einer angemessenen und wirksamen Anwendung. Also eher keine permanente Anwendung, die vielleicht in der Anwendung auch an Grenzen der Sinnhaftigkeit stoßen könnte. So etwas meint der Regelgeber typischerweise nicht. Was jetzt als „angemessen“ angesehen werden kann unterliegt sicherlich dem Vorliegen weiterer Informationen, um es beurteilen zu können. Was als „wirksam“ angesehen werden kann ist da sicherlich einfacher zu beurteilen – wir werden es anhand der weiteren Ausführungen sehen.

Wer ist für die Verbesserung verantwortlich?

„Na – jeder natürlich“, so schallt es aus den Befragten gerne heraus und unsere Auditfrage ist vermeintlich beantwortet. Nehmen wir einmal folgendes Gedankenspiel: Der Mitarbeiter sagt beim Betreten der Fertigung, dass er sich heute lieber einmal der Verbesserung der Abläufe als der Fertigung an der Maschine widmen möchte. Was meinen Sie, wäre die Antwort des Vorgesetzten? Eben – und deshalb ist natürlich nicht jeder für die Verbesserung verantwortlich!

Ich mache es noch einmal spannend. Wer ist für die Fertigung verantwortlich? – Der Fertigungsleiter. Wer ist für die Logistik verantwortlich? – Die Logistikleiterin. Wer ist für die Verbesserung verantwortlich? – Der Qualitätsmanagementbeauftragte (falls es ihn in dieser Rolle gibt) oder ein anderer, um die Belange des QMS ausgewählter, sicherlich nicht – aber er sollte es wissen. Sollte wissen, dass es die oberste Leitung selber ist! Fundstelle in der ISO 9001 Kapitel 5 „Führung“, ausgeführt in Kapitel 5.1 „Führung und Verpflichtung“ unter 5.1.1 „Allgemeines“:
Die oberste Leitung muss in Bezug auf das QM-System Führung und Verpflichtung zeigen, indem sie:
a) Die Rechenschaftspflicht für die Wirksamkeit des QMS übernimmt.

Die Ausführungen gehen von a) bis j) und enthalten noch weitere konkretisierende Verbindlichkeiten. Punkt a) ist zwar allgemein gehalten, schließt jedoch alle Normanforderungen ein und ist somit für das Thema Verbesserung bereits eindeutig. Damit sich für Sie hier der Kreis schließt, durch die Autorisierung der Managementbewertung nimmt die oberste Leitung ihre Kontrollpflicht wahr, entlastet alle Prozessbeteiligten und hat der Rechenschaftspflicht mit
ihrer Unterschrift genüge getan. Ob die Managementbewertung normkonform und wirksam umgesetzt ist, wäre Aufgabe der internen Auditierung.

 

 

Was bedeutet es, die Verbesserung in einem Audit zu betrachten?

Das Thema Verbesserung hat mehrere Andockstellen in der ISO 9001. Es muss neben der Umsetzung und Absicherung der Wertschöpfungskette bei einem Audit typischerweise immer mit betrachtet werden. Und da wir ein Qualitätsmanagementsystem auditieren und kein Qualitätssachbearbeitersystem ist durch die Einbindung der Verbesserung auch sichergestellt, dass wir ein Managementsystemaudit durchführen – so wie im Auditprogramm der Organisation i.d.R. auch beabsichtigt. Gibt es konkrete Themen bzw. Normanforderungen für ein Audit, dann legen Sie mit der Vorbereitung los.

Ist die Anforderung an ein Audit z.B. in der Fertigung oder der Logistik eher allgemeiner Natur, dann nutzen Sie Ihren kreativen Spielraum und bereiten sich etwas freier vor. Am Ende sind Sie für die wirksame Umsetzung dieses einen Audits verantwortlich. Und als externer Auditor schaue ich mir Ihren Auditbericht vielleicht an. Für die wirksame Umsetzung des Auditprogramms ist wahrscheinlich jemand anderes verantwortlich – und das Auditprogramm und generell das Verfahren zur Umsetzung der internen Auditierung steht im externen Audit ebenfalls zur Betrachtung an. Es muss, wie alle anderen Prozesse auch in seiner Umsetzung als wirksam nachgewiesen werden können.

Wo steht die Konkretisierung der Verbesserung in der ISO 9001?

Nun haben wir bereits zwei Normanforderungen mit Bezug zur fortlaufenden Verbesserung des QMS angesprochen. Die Managementbewertung und die interne Auditierung; beide Normanforderungen führen zu einer Verbesserung in Form von abgeleiteten Maßnahmen. Nun möchte ich Ihnen die Normanforderungen mit direktem Bezug zur Verbesserung kurz vorstellen:

  • Die Managementbewertung schließt mit ISO 9001 mit der Konkretisierung, Kap. 9.3.3 „Ergebnisse der Managementbewertung“: „Die Ergebnisse der Managementbewertung müssen Entscheidungen und Maßnahmen …enthalten.“
  • Weiterhin führt das Ergebnis der internen Auditierung nach dem Audit dazu, dass nach ISO 9001 Kap. 9.2.2.e) „Die Organisation muss …geeignete Korrekturen und Korrekturmaßnahmen ohne ungerechtfertigte Verzögerung umsetzen…“
  • Damit die Verbesserung überhaupt ans Laufen kommt reicht nicht die Norm ISO 9001; es muss eine Anweisung durch die oberste Leitung direkt geben, die alle Mitarbeitenden der Organisation erreicht – die Qualitätspolitik ist hier das Instrument der Wahl. In ISO 9001 Kap. 5.2.1 „Festlegung der Qualitätspolitik“ wird eine Stellungnahme der Leitung gefordert „Die oberste Leitung muss eine Qualitätspolitik festlegen, umsetzen und aufrechterhalten, die …d) eine Verpflichtung zur fortlaufenden Verbesserung des QM-Systems enthält“. Dies kann in jeden internen Audit und auf jeder Organisationseben angemessen angesprochen werden.
  • Dem kundigen Leser wird nicht entgangen sein, dass die Qualitätspolitik auch auf die Qualitätsziele abhebt, die natürlich ebenfalls einen Beitrag zur fortlaufenden Verbesserung leisten sollen. Konkret wird das Thema in ISO 9001 Kap. 6.2. „Qualitätsziele und Planung zu deren Erreichbarkeit“ in Kap. 6.2.1 konkretisiert „Die Qualitätsziele müssen…d) für die Konformität von Produkten und Dienstleistungen sowie für die Erhöhung der Kundenzufriedenheit relevant sein.“ Diese Einschränkung trennt die Qualitätsziele von zahlreichen anderen und wären im internen Audit zu identifizieren.

Fortlaufende Verbesserung im Qualitätsmanagement

  • In der Norm ISO 9001 Kap. 6.1 „Maßnahmen zum Umgang mit Risiken und Chancen“ folgt in 6.1.1, dass „Bei der Planung für das QMS muss die Organisation…die Risiken und Chancen bestimmen, die behandelt werden müssen, um…d) Verbesserung zu erreichen.“ Dieses Kapitel entbehrt eine gewissen Logik, da expressis verbis keine Dokumentationsanforderungen erwähnt werden. Um hier nicht zu tief in Wechselwirkungen des Regelwerkes einzusteigen, sollte der Verweis auf lediglich mündliche Aussagen sehr mit Vorsicht genossen werden. Ich verweise hier grob u.a. auf den im Passus selbst erwähnten Normenabschnitt 4.4. dort unter 4.4.2. a) und b); und auf Normabschnitt 7.5.1.b) und Normpunkt 9.3.2.e), wo dokumentierte Vertiefung erwartet werden kann.
  • Kommen wir zu Kapitel 10 der ISO 9001, die bereits in der Überschrift „Verbesserung“ heißt. Das Kapitel 10.2 „Nichtkonformität und Korrekturmaßnahmen“ führt allgemein das Thema der Nichtkonformitäten auf und verweist speziell noch auf Reklamationen. Gerne wird das Thema der Nichtkonformitäten auf Abweichungen aus internen resp. externen Audits verengt. Die Anforderung schließt natürlich auch aufgetretene Fehler innerhalb der Prozesse ein. Aus dem Normtext Kapitel 10.2.1 ergibt sich zu unserem Thema Verbesserung, dass unter Kapitel 10.2.1.b) „…die Notwendigkeit von Maßnahmen zur Beseitigung der Ursachen von Nichtkonformitäten bewerten, damit diese nicht erneut oder an anderer Stelle auftreten…“
  • Dieses Kapitel der ISO 9001 ist sehr umfangreich und bedarf einige Zeit, um in einem Audit erfasst werden zu können. Hier geht es, wie der Volksmund sagt, um das Lernen aus Fehlern – ebenfalls ein Beitrag zur fortlaufenden Verbesserung.
  • Das Kapitel der ISO 9001 10.1 „Allgemeines“ und 10.3 „Fortlaufende Verbesserung“ möchte ich Ihnen zusammen vorstellen. 10.1 fordert „Die Organisation muss Chancen zur Verbesserung bestimmen und auswählen und jegliche notwendigen Maßnahmen einleiten, um die Anforderungen der Kunden zu erfüllen und die Kundenzufriedenheit zu erhöhen.“ Der eindeutige Kundenbezug führt uns zu dem Thema der Kundenorientierung und macht ggf. eine tiefergehende Betrachtung mit der Abfolge und Wechselwirkung der Prozesse erforderlich, um die Angemessenheit der Beiträge bewerten zu können.
  • 10.3 fasst zusammen „Die Organisation muss die Eignung, Angemessenheit und Wirksamkeit ihres QMS fortlaufend verbessern“ und spielt das Thema Verbesserung wieder zur obersten Leitung (z.B. via Managementbewertung).

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Verbesserung im Rahmen der internen Auditierung

An dieser Stelle komme ich abschließend auf unsere ureigenste Aufgabe der internen Auditierung zurück und verweise gerne auf meine Aussage zu Beginn des Artikels, bzgl. der Angemessenheit und der Wirksamkeit der Beiträge zur Verbesserung hin. Im Rahmen unserer internen Auditierung sollte die Verbesserung anhand der ausgeführten Kapitel in den Auditberichten nachvollziehbar dargestellt werden. Natürlich nicht alle Kapitel in jedem Audit. Die Angemessenheit beginnt zunächst mit der Darlegung der Dokumentationsanforderungen, die typischerweise immer gegeben sein sollte. Der Einstieg in die Wirksamkeit beginnt zunächst mit der Verbindlichkeit auf der Zeitachse zum Zeitpunkt des Audits – nicht alles ist ja bereits abgeschlossen, wenn das Audit ist. So wäre zumindest der aktuelle Stand und die Prognose der finalen Umsetzung zu verifizieren.

 

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