Prozessorientierter Ansatz im Qualitätsmanagement einfach erklärt

Der prozessorientierte Ansatz ist eine Managementstrategie, der alle Abläufe eines Unternehmens als zusammenhängende Prozesse betrachtet. „Willkommen im prozessorientierten Krankenhaus“ – so begrüßt das Sankt Vinzenz Hospital seine Besucher auf der Webseite unter „Unternehmen & Werte“. Mit dem Leitsatz „Der Patient als Taktgeber“ wird deutlich, dass hier die Bedürfnisse der Patienten im Mittelpunkt stehen. Das Hospital hat es sich zur Aufgabe gemacht, Wartezeiten zu minimieren und Behandlungen so schnell und kompetent wie möglich durchzuführen. Diese klare Ausrichtung unterscheidet das Sankt Vinzenz Hospital angenehm von vielen anderen Einrichtungen, die oft mehr auf ihre internen Abläufe fokussiert sind und dabei das Wohl der Patienten aus den Augen verlieren. Hier wird der Patient zum zentralen Akteur, was den prozessorientierten Ansatz im Gesundheitswesen besonders gut verdeutlicht.

Der prozessorientierte Ansatz, den das Sankt Vinzenz Hospital verfolgt, ist nicht nur im Gesundheitswesen von Bedeutung, sondern auch für andere Organisationen ein echter Gewinn. Die Norm DIN EN ISO 9000:2015 unterstreicht, wie wichtig es ist, Qualität in jeden Prozessschritt zu integrieren und sich konsequent an den Bedürfnissen der Kunden zu orientieren. Diese Herangehensweise ermöglicht es Organisationen, ihre Abläufe kontinuierlich zu verbessern und Ressourcen effektiver einzusetzen. Darüber hinaus ist der prozessorientierte Ansatz einer der sieben Grundsätze des Qualitätsmanagements, der den Fokus auf die Integration von Prozessen zur Steigerung der Qualität legt. Im Folgenden werden wir näher darauf eingehen, wie die ISO 9000 den prozessorientierten Ansatz definiert und warum er als Schlüssel zum Erfolg gilt.

Wie lautet die Definition des prozessorientierten Ansatzes?

Der prozessorientierte Ansatz ist ein Konzept in der Betriebswirtschaft und im Qualitätsmanagement, das darauf abzielt, alle Abläufe und Tätigkeiten eines Unternehmens als eine Serie miteinander verbundener Prozesse zu betrachten und zu optimieren. Dieser Ansatz fokussiert sich weniger auf einzelne Funktionen oder Abteilungen und mehr auf das Zusammenwirken aller Tätigkeiten. Um somit eine bestimmte Leistung zu erbringen und Kundenanforderungen effizient zu erfüllen.

Und welche Kernaspekte verfolgt er?

Der Fokus des prozessorientierten Ansatzes liegt darauf, die Abläufe entlang der gesamten Wertschöpfungskette so zu gestalten, dass sie effizienter, effektiver und kundenorientierter werden. Die Frage, die sich stellt, ist also: Wie können alle Schritte im Unternehmen so aufeinander abgestimmt werden, dass sie am Ende den größtmöglichen Nutzen für den Kunden bringen? Im Folgenden beleuchten wir die fünf zentralen Aspekte des prozessorientierten Ansatzes näher. Sie zeigen auf, wie Unternehmen ihre Prozesse ganzheitlich gestalten und dabei optimal auf die Bedürfnisse der Kunden ausrichten können:

  • Ganzheitliche Sicht auf Prozesse: Unternehmen werden in zusammenhängende, abteilungsübergreifende Prozesse unterteilt, die jeweils einen spezifischen Beitrag zum Endergebnis leisten. Die Gesamtheit aller Prozesse führt zur Schaffung von Produkten oder Dienstleistungen.
  • Effizienz und Effektivität: Das Ziel ist es, die Prozesse so zu gestalten, dass sie sowohl effektiv (Zielerreichung) als auch effizient (Ressourceneinsatz) sind.
  • Kundenzentrierung: Der Ansatz orientiert sich an den Bedürfnissen des Kunden, der am Ende des Prozesses das Ergebnis erhält. Alle Prozesse sind so zu gestalten, dass sie zur Kundenzufriedenheit beitragen.
  • Ständige Verbesserung: Der prozessorientierte Ansatz erfordert eine kontinuierliche Verbesserung der Prozesse, um Qualität und Produktivität zu steigern. Zum Beispiel durch Methoden wie Kaizen oder Lean Management.
  • Verantwortlichkeiten und Messgrößen: Für jeden Prozess gibt es klare Verantwortlichkeiten und spezifische Kennzahlen, die die Leistung des Prozesses bewerten und messbar machen.


Umsetzung des prozessorientierten Ansatzes mithilfe der ISO 9000

Es ist bedauerlich, dass einige Organisationen die Idee der Prozessorientierung lediglich als Etikettenschwindel nutzen. Oft geschieht dies, indem Prozesse nur innerhalb der jeweiligen Abteilung betrachtet und die sogenannten „Abteilungsfürsten“ in Prozessmanager umbenannt werden, ohne dass sich an den tatsächlichen Verantwortlichkeiten oder Befugnissen etwas ändert. Die Schnittstellen zwischen den Abteilungen werden dabei häufig ignoriert, und die bestehende Konkurrenz bleibt bestehen. Dies fördert ein Verhalten, das darauf abzielt, die Vorgesetzten zufriedenzustellen. Dabei werden die Bedürfnisse der Kunden oft in den Hintergrund gedrängt. In diesem Zusammenhang bleiben diese Organisationen in einer funktionsorientierten Denkweise gefangen und füllen ihren „alten Wein in neue Schläuche“. Es gibt jedoch auch positive Beispiele für eine tatsächliche Prozessorientierung, wie sie in der im Editorial erwähnten Klinik zu finden ist. Um den Unterschied zu verdeutlichen, sollten zunächst zwei zentrale Begriffe geklärt werden:

  • Aufbauorganisation: Dies bezeichnet das hierarchische Gerüst, das die interne Arbeitsteilung im Unternehmen festlegt.
  • Ablauforganisation: Hierunter fällt die Gestaltung wiederkehrender Muster und die Organisation der Beziehungen innerhalb des Unternehmens.

Forschungen zeigen, dass Mitarbeiter in stark hierarchischen Strukturen häufig dazu neigen, sich auf die Zufriedenheit ihrer Vorgesetzten zu konzentrieren. Die sogenannten „Abteilungsfürsten“ versuchen, ihren Chefs zu gefallen - oft auf Kosten der Zusammenarbeit mit ihren Kollegen. Dies führt häufig zu einem „Gegeneinander“ anstelle eines „Miteinanders“. Da Prozesse jedoch in der Regel über verschiedene Abteilungen hinweg verlaufen, können klar definierte Abläufe dazu beitragen, die Aufgaben bereichsübergreifend besser zu koordinieren. Ein Prozessmanager hat die Möglichkeit, die Anforderungen der Kunden genau zu erfassen. Zudem kann er den Prozess so zu gestalten, dass die Zufriedenheit der Kunden maximiert ist. Die Norm hebt hervor, dass beständige und vorhersehbare Ergebnisse nur dann erzielt werden können, wenn alle Tätigkeiten als prozessorientierten Ansatz betrachtet und systematisch geführt werden. Im Folgenden sind wichtige Maßnahmen erläutert, die für eine erfolgreiche Umsetzung der Prozessorientierung notwendig sind.

Ausrichtung der Prozesse auf Unternehmensziele

Die Norm weist darauf hin, dass es entscheidend ist, klare Ziele für das System festzulegen und die notwendigen Prozesse zu definieren, um diese Ziele zu erreichen. In den meisten Unternehmen ist die strategische Ausrichtung der obersten Leitung bekannt, während die konkrete Umsetzung oft weniger klar ist. Die Norm betont, dass alle Tätigkeiten und damit alle Prozesse der Organisation sich vollständig der strategischen Ausrichtung unterordnen müssen. Nur so kann sichergestellt werden, dass das Unternehmen effektiv arbeitet. Bildlich gesprochen sollte der „Hund mit dem Schwanz wedeln“ und nicht umgekehrt, was in vielen abteilungsorientierten Unternehmen der Fall ist. In diesen Strukturen neigen die Prozesse oft dazu, sich selbst zu priorisieren, anstatt die übergeordneten Ziele des Unternehmens zu unterstützen.

So verändert die Prozessorientierung die Aufbauorganisation

Die Norm ISO 9000:2015 betont die Notwendigkeit, klare Befugnisse, Verantwortlichkeiten und Rechenschaftspflichten für das Führen und Steuern von Prozessen festzulegen. Die grüne Prozesslinie in unserer Grafik veranschaulicht, dass Prozesse nicht linear durch die Prozessorganisation verlaufen. Vielmehr kombiniert sie das Zusammenspiel und die Abfolge von Tätigkeiten verschiedener Abteilungen. Um die Komplexität zu verdeutlichen, wurde in unserem Beispiel nur ein Gesamtprozess dargestellt. In der Praxis gibt es jedoch meist mehrere wertschöpfende Prozesse, für die dieselben Überlegungen gelten. Wenn in unterschiedlichen Prozessen ähnliche Muster erkennbar sind, etwa der Zugriff auf dieselben Ressourcen, ist dies auch bei der Zuordnung von Verantwortlichkeiten und Befugnissen zu berücksichtigen. Um prozessorientierte Ansätze effektiv zu implementieren, ist daher in der Regel auch eine Anpassung der Aufbauorganisation notwendig.

Prozessorientierter Ansatz – So wirken Prozesse als verbindendes Element im System

Bedeutung der Ressourcenanalyse beim prozessorientierten Ansatz

Die Norm DIN EN ISO 9000 fordert ein klares Verständnis der Fähigkeiten einer Organisation sowie die Identifizierung möglicher Einschränkungen in Bezug auf Ressourcen, bevor eine Maßnahme ergriffen wird. Eine Umstellung auf prozessorientierte Ansätze bedeutet nicht, dass alle bisherigen Hürden automatisch beseitigt werden. Vielmehr ist es wichtig, bereits bei der Visualisierung der Prozesse festzulegen, welche Schritte notwendig sind, um vor einer Reorganisation erfolgreich zu starten. Eine gründliche Analyse der aktuellen Situation hilft dabei, potenzielle Herausforderungen frühzeitig zu erkennen. So lassen sich geeignete Maßnahmen planen, die den Übergang zur Prozessorientierung erleichtern.

Welche Rolle spielen wechselseitige Abhängigkeiten in der Prozessorganisation?

Die Norm hebt hervor, dass es wichtig ist, die wechselseitigen Abhängigkeiten zwischen Prozessen zu erkennen und die Auswirkungen von Änderungen in einzelnen Prozessen auf das gesamte System zu analysieren. Bei der Einführung einer Prozessorganisation ist es in der Regel nicht möglich, dass die Ablauforganisation sämtliche Aufgaben der bestehenden Aufbauorganisation übernimmt. Das bedeutet, dass die Einführung einer Prozessorganisation die Struktur der Aufbauorganisation nicht obsolet macht.

Prozesse stehen in ständigem Wechselverhältnis zueinander, oft in Übereinstimmung mit früheren Abteilungsgrenzen. Daher sind zentrale Aspekte zu regeln, insbesondere die noch bestehenden internen „Kunden-Lieferantenbeziehungen“. Es ist notwendig, klare Festlegungen darüber zu treffen, ob eine „Bringschuld“ oder eine „Holschuld“ besteht. So sind wechselseitige Abhängigkeiten zwischen den Prozessen eindeutig zu definieren.

 

 

Abteilungsziele können sich von Zielen des Gesamtsystems unterscheiden

Die Norm DIN EN ISO 9000:2015 betont die Bedeutung des Führens und Steuerens von Prozessen sowie ihrer wechselseitigen Beziehungen als System, um die Qualitätsziele der Organisation sowohl wirksam als auch effizient zu erreichen. In einem abteilungsbezogenen Kontext neigten die Verantwortlichen oft dazu, Zielsetzungen ausschließlich auf ihren eigenen Einflussbereich, sprich die eigene Abteilung, auszurichten. Diese Zielsetzungen hatten in der Regel nur einen geringen Einfluss auf die strategische Ausrichtung der gesamten Organisation. Im Gegensatz dazu erfordert die Zielsetzung auf Ebene der Gesamtorganisation die Einbindung mehrerer Abteilungen, was sich in folgenden Beispielzielen zeigt:

  • Minimierung der Durchlaufzeit eines Auftrages von der Anfrage (Vertrieb) bis zur Lieferung (Versand) von 5 Arbeitstagen auf 2 Tage.
  • Senkung der Fehlerquote in der gesamten Wertschöpfungskette, für Fehler die den Kunden betreffen, auf annähernd 0 Prozent.
  • Reduktion der Gesamtkosten für die Auftragsabwicklung (über die gesamte Prozesskette) um 20 Prozent.

Überwachung und Messung im prozessorientierten Ansatz

Die Norm betont die Notwendigkeit, sicherzustellen, dass alle erforderlichen Informationen bereitgestellt werden, um Prozesse erfolgreich zu betreiben und kontinuierlich zu verbessern. Zudem ist es wichtig, die Leistung des Gesamtsystems zu überwachen, zu analysieren und zu bewerten. Um die Prozesse effektiv zu steuern, muss stets eine Überwachung stattfinden, die auch die Messung der Prozessleistung anhand spezifischer Kennzahlen umfasst. Die Norm unterscheidet dabei klar zwischen Überwachung und Messung:

  • 3.11.3 Überwachung bezeichnet die Bestimmung eines Zustands, sei es von Systemen, Prozessen, Produkten, Dienstleistungen oder Tätigkeiten.
  • 3.11.4 Messung hingegen bezieht sich auf die Ermittlung eines Zahlenwertes.

Beide Aspekte sind entscheidend für einen erfolgreichen prozessorientierten Ansatz. Bei der Messung von Prozessen sind zwei Perspektiven zu berücksichtigen und entsprechende Kennzahlen zu definieren. Zum einen geht es darum zu erkennen, ob die richtigen Dinge getan werden, indem Effektivitätskennzahlen festgelegt werden, die die Wirkung des Handelns bewerten. Zum anderen ist es wichtig, zu prüfen, ob diese Dinge richtig umgesetzt werden. Dies geschieht indem Effizienzkennzahlen festgelegt werden, die die Leistungstrends erfassen und auswerten.

So steuern Schlüsselprozesse die Erfolgsfaktoren

Die DIN EN ISO 9000 betont die Notwendigkeit, Risiken zu führen und zu steuern, da sie sowohl die Ergebnisse einzelner Prozesse als auch die Gesamtergebnisse des Qualitätsmanagementsystems (QMS) beeinflussen können. Ein wesentlicher Vorteil der neuen Normrevisionen ist die verbesserte Harmonisierung im Vergleich zu früheren Ausgaben. Der risikobasierte Ansatz ist nun in alle Normen integriert und die entsprechenden Abschnitte sind einheitlich gestaltet. Die Prozessorientierung lässt sich eng mit diesem risikobasierten Denken verknüpfen. Die Norm fordert eine differenzierte Betrachtung der Risiken, die mit der Durchführung der verschiedenen Prozesse verbunden sind. Dies kann beispielsweise durch die Kategorisierung der Prozesse erfolgen in:

  • Führungsprozesse
  • Kernprozesse
  • Unterstützungsprozesse

 

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