Das Umweltrecht in Deutschland sichert die Einhaltung der umweltrechtlichen Anforderungen an unternehmerischen Handel. Dies gilt heute vor allem im produzierenden Gewerbe. Das war aber nicht immer der Fall. Nach ersten Anzeichen in den 1950er Jahren, entstand Anfang der 1970er Jahre auch in der Bundesrepublik Deutschland eine eigenständige Umweltpolitik. 1971 legte die Bundesregierung ihr erstes Umweltprogramm vor. Im gleichen Jahr wurden mit dem Fluglärmschutz- sowie dem Benzinbleigesetz die beiden ersten spezifischen Umweltgesetze verabschiedet. Im Jahr 1972 folgte das Abfallbeseitigungsgesetz. Auch die DDR schuf 1970 mit dem Landeskulturgesetz ein Gesetz, das „der Erhaltung, der Verbesserung und effektiven Nutzung der natürlichen Lebens- und Produktionsgrundlagen der Gesellschaft – Boden, Wasser, Luft sowie Pflanzen- und Tierwelt …“ dienen sollte. Wir zeigen Ihnen auf, wie sich das Umweltrecht in Deutschland von den 1970ern bis heute entwickelt hat. Dabei schauen wir uns auch die zentralen Grundprinzipien an, die das Umweltrecht in Deutschland prägen.
Das Landes-Immissionsschutzgesetz aus NRW als Vorreiter des Umweltrechts in Deutschland
In den frühen 1960er Jahren entstanden vor allem in den am stärksten belasteten Industrieregionen wie dem Ruhrgebiet erste Zweifel an dem die Nachkriegszeit in Westdeutschland prägenden „Wirtschaftswunder“. Hier hatte zwar die Eisen- und Stahlproduktion mit ihren großen und modernen Anlagen neue Rekorde erreicht, aber auch zu neuen Rekorden bei der Luftverschmutzung geführt. Lange war diese als Preis für das „Wirtschaftswunder“ hingenommen worden, jedoch war bereits 1952 eine „Interparlamentarische Arbeitsgemeinschaft für naturgemäße Wirtschaft“ (IPA) entstanden. Dies war ein parteiübergreifender Zusammenschluss von Abgeordneten aus dem Bundestag und den Landtagen, der sich – nach dem Auftreten bedrohlicher Smog-Ereignisse – ab Mitte der 1950er Jahre für ein Gesetz zur Luftreinhaltung einsetzte. Eine Kommission des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) sollte hierfür die Vorschriften erarbeiten. 1959 wurde die Gewerbeverordnung geändert und dabei die Möglichkeit nachträglicher Anordnungen geschaffen.
1961 griff Willy Brandt als Kanzlerkandidat die auch in der Bevölkerung wachsende Skepsis auf und forderte, der „Himmel über der Ruhr (müsse) wieder blau werden“. 1962 schuf Nordrhein-Westfalen (ohne Gegenstimme) das erste Landes-Immissionsschutzgesetz. Das war ein "modernes" Gesetz zur Luftreinhaltung, das zum Vorbild für das spätere Bundes-Immissionsschutzgesetz und somit auch für das Umweltrecht in Deutschland wurde. 1964 wurde auf Betreiben der IPA die Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA Luft) erlassen. 1968 folgte die die TA Lärm. Mit den darin enthaltenen Regelungen erhielten die Behörden eine Anleitung für die Berücksichtigung der Luft- und Lärmemissionen bei der Erteilung von Betriebsgenehmigungen, die auf Grundlage der Gewerbeordnung erfolgten.
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Wie wurde der Begriff „Umweltschutz“ eingeführt?
In den 1970er Jahren entstand dann die „moderne“ Umweltgesetzgebung. Wie auch der bis dahin nicht gebräuchliche Begriff „Umweltschutz“ kam diese aus den USA nach Deutschland. Dort war es 1969 zu einer Ölpest vor der kalifornischen Küste gekommen, wodurch es zur Verschmutzung zahlreicher Strände kam. Außerdem war dort zum wiederholten Mal der durch Öl und brennbare Chemieabfälle schwer verschmutzte Cuyahoga River in Brand geraten. Am 22. April 1970 demonstrierten 20 Millionen Amerikaner für mehr Umweltschutz. Der republikanische Präsident Richard Nixon gründete daraufhin noch im selben Jahr das Umweltamt „Environmental Protection Agency“ (EPA) und mit dem „Clean Air Act“ entstand ein zentrales Umweltgesetz.
Die amerikanischen Initiativen wurden von der 1969 regierenden sozialliberalen Koalition aufgegriffen. Vor allem die FDP sah in dem neuen Politikfeld die Möglichkeit, sich neben der in den Medien viel diskutierten Ostpolitik der SPD zu profilieren. Das Umweltprogramm von 1971 führte die Prinzipien vom Umweltrecht in Deutschland (Verursacher-, Vorsorge- und Kooperationsprinzip) ein und enthielt eine Planung für die künftige Umweltgesetzgebung. 1972 erhielt der Bund mit einer Änderung des Grundgesetzes die Gesetzgebungskompetenz für Abfallbeseitigung, Luftreinhaltung und Lärmbekämpfung, von der er sogleich Gebrauch machte. Auf das Abfallbeseitigungsgesetz von 1972 folgte 1974 das Immissionschutzrecht und 1976 das grundlegend neugefasste Wasserhaushaltsgesetz. Dabei wurde die Bundesregierung vom 1972 neu gegründeten Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) und dem 1974 gegründeten Umweltbundesamt (UBA) beraten.
Wie wurden die Grundlagen zum heutigen Umweltrecht in Deutschland gelegt?
Unter Kanzler Helmut Schmidt ließ dann ab 1976 der Reformeifer im Umweltschutz deutlich nach. Eine inzwischen auch in Deutschland entstandene Umweltbewegung mit zahlreichen Bürgerinitiativen für Umweltschutz sorgte aber dafür, dass das Thema nicht aus der Diskussion verschwand, zumal die Umsetzung der neuen Gesetze und Vorgaben an Vollzugsdefiziten krankte. So führten Schwefeldioxidemissionen zur Entstehung „Sauren Regens“ und dieser in den 1980er Jahren zu Sorgen um den Waldbestand („Waldsterben“). 1985 wurde das Ozonloch über der Antarktis entdeckt. 1986 führte der Reaktorunfall von Tschernobyl dazu, dass die Zweifel der Umweltbewegung am staatlichen Umweltschutz von breiteren Kreisen der Bevölkerung geteilt wurden.
Als Reaktion erfolgte die Gründung eines Bundesumweltministeriums. Vor allem unter dem zweiten Umweltminister, dem CDU-Politiker Klaus Töpfer, wurde die Weiterentwicklung des Umweltrechts und damit auch des Umweltschutzes vorangetrieben. Als Reaktion auf die Vollzugsdefizite wurde auch auf neue verhaltenssteuernde Instrumente wie Abgaben oder die Förderung von Umweltmanagementsystemen gesetzt. Mit der Einheitlichen Europäischen Akte von 1986 gewann zudem das europäische Umweltrecht an Bedeutung. So ging die 1990 eingeführte Umweltverträglichkeitsprüfung auf eine entsprechende EWG-Richtlinie zurück. Das unter Töpfer weiterentwickelte Umweltrecht und die EU-Vorgaben sind die Grundlage des heutigen Umweltrechts in Deutschland.
Das Umweltrecht in der DDR
In der DDR war die „Landeskultur“ bereits 1968 in der Verfassung verankert worden, das Landeskulturgesetz von 1970 blieb aber dennoch praktisch weitgehend wirkungslos. Die Verfassung hatte keinen Vorrang vor Beschlüssen der SED und Produktionsvorgaben aus den Fünfjahresplänen waren immer wichtiger als der Schutz der Landeskultur. In der DDR war die Entwicklung des Umweltschutzes daher deutlich schlechter als im Westen. Vor allem die Energiegewinnung aus Braunkohle, aber auch die Emissionen der Chemieindustrie führten zu erheblicher Schadstoffbelastung in der Luft sowie schweren Bodenverseuchungen, zu denen auch eine veraltete Abfalldeponietechnik beitrug. Auch die Gewässerverunreinigungen war davon betroffen, die auch zu Erkrankungen in der Bevölkerung führten. Dagegen verfügte die DDR über ein effizientes Sekundär-Rohstoff-System (Sero-System).
Wie ging es mit dem Umweltrecht in Deutschland nach der Einigung weiter?
Mit dem Umweltrahmengesetz von 1990 übernahm die DDR die wesentlichen umweltrechtlichen Vorschriften der Bundesrepublik. Mit dem Einigungsvertrag wurden die Bestimmungen in diesen übernommen, Verwaltungsvorschriften und das Recht der Europäischen Gemeinschaft galten zunächst aber nicht in den neuen Bundesländern. Die vereinbarte „Herstellung der ökologischen Einheit“ erwies sich als anspruchsvolle Aufgabe, zumal bei der Ansiedelung von Industrieanlagen das Umweltrecht oft als lästiges und möglichst zu umgehendes Rechtsgebiet galt.
Mit den hohen Kosten des Wiederaufbaus in den neuen Bundesländern forderten auch die alten Bundesländer eine „Pause im Umweltschutz“. Auch das Investitionserleichterungsgesetz von 1993 schränkte den Umweltschutz im Sinne einer leichteren Durchsetzbarkeit etwa von Müllverbrennungsanlagen ein. Versuche, das historisch gewachsene Umweltrecht in Deutschland in einem Umweltgesetzbuch zusammenzufassen („Professorenentwürfe“ von 1990 [Allgemeiner Teil] und 1994 [Besonderer Teil], „Kommissionsentwurf“ 1997), scheiterten.
Das erste Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts war von einer wechselhaften Energiepolitik geprägt. Im Jahr 2000 vereinbarten eine rot-grüne Bundesregierung mit den Energiekonzernen einen – 2002 als Gesetz verankerten – Atomausstieg. Einer schwarz-gelbe Landesregierung machte diesen 2010 mit einer „Laufzeitverlängerung“ weitestgehend wieder rückgängig. Nach dem Reaktorunfall von Fukushima im Jahr 2011 wurde der Atomausstieg von derselben Bundesregierung jedoch wieder bestätigt und noch verschärft. Seither beschäftigt vor allem der Klimawandel bzw. der Klimaschutz / Naturschutz den Gesetzgeber. Internationale Verpflichtungen wie das Pariser Übereinkommen von 2015 und deren zum Teil europarechtlich vorgegebene Umsetzung führten zur Entstehung eines Klimaschutzrechts.
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Welche Grundprinzipien prägen das Umweltrecht in Deutschland?
Die bereits im Umweltprogramm der Bundesregierung von 1971 enthaltenen Grundprinzipien und deren Fortschreibung von 1976 („Umweltbericht 76“) prägen gemeinsam mit dem europarechtlich begründeten Integrationsprinzip das Umweltrecht in Deutschland.
Vorsorgeprinzip
Die Entstehung von Umweltschäden oder Umweltgefahren soll soweit möglich vermieden werden. Die Risikovorsorge erfordert z.B., auch dann schon zu handeln, wenn Kausalzusammenhänge noch nicht hinreichend erforscht sind. Ressourcenvorsorge erfordert, beim Ressourcenverbrauch auch an den Bedarf nachfolgender Generationen zu denken. Aufgrund des Vorsorgeprinzips gilt z.B. die Pflicht, Emissionen soweit möglich zu vermeiden und an der Quelle zu vermindern.
Verursacherprinzip
Für Beeinträchtigungen der Umwelt soll derjenige aufkommen, der sie verursacht hat. Das betrifft auch die materielle Verantwortlichkeit für Maßnahmen zur Vermeidung, Verminderung oder Beseitigung von Umweltbelastungen. Grundsätzlich soll der (vom Gesetzgeber festzulegende) Verursacher die Kosten tragen. Nur in Ausnahmefällen (z.B. zur Sicherung von Arbeitsplätzen) trägt die Allgemeinheit die Kosten.
Kooperationsprinzip
Umweltschutz ist nicht nur Aufgabe des Staates, sondern aller Beteiligten. Er erfordert daher eine Zusammenarbeit bei Willensbildung und Entscheidungsprozessen. So trägt auch gesellschaftlich-privater Sachverstand (Industrie, Umweltorganisationen, …) zum Umweltschutz bei und fördert die Akzeptanz von Entscheidungen. Aufgrund seiner Verpflichtung zum Gemeinwohl hat der Staat aber eine federführende Funktion. Im Rahmen des Kooperationsprinzips erfolgt auch die Bestellung von Umweltbeauftragten (Abfallbeauftragten, Immissionsschutzbeauftragten, etc.) in den Unternehmen.
Ihr Podcast zum Umweltrecht
Unser Podcast zu den Grundlagen des Umweltrechts informiert Sie über die zentralen Entwicklungen und Anforderungen im Umweltrecht. In den darauffolgenden Episoden erfahren Sie mehr über die einzelnen Umweltgesetze, wie bspw. dem Abfall- und Kreislaufwirtschaftsgesetz sowie dem Immissionsschutzrecht oder dem Klimaschutzrecht.
Außerdem bieten wir Ihnen in regelmäßigen Abständen noch viele weitere Podcasts in den Bereichen Umwelt, Arbeitsschutz und Energie an. Wir wünschen viel Spaß beim Anhören!
Integrationsprinzip
Die Auswirkungen umweltrelevanter Vorhaben oder Stoffe müssen medienübergreifend bewertet werden. Die Umwelt wird als ungeteiltes Ganzes verstanden. So soll vermieden werden, dass eine Umweltbelastung nur von einem Medium (z.B. der Luft) auf ein anderes (z.B. ins Wasser) verschoben, aber nicht insgesamt verringert wird.
Weitere – rechtlich (noch) nicht verankerte – Prinzipien werden von unterschiedlichen Bewegungen hin zum Naturschutz gefordert. Dazu gehört z.B. das Prinzip der geografischen, sozialen, generationenübergreifenden Umweltgerechtigkeit („Environmental Justice“ im globalen Gebrauch).
Smog als Auslöser für das Umweltrecht in Deutschland
Der Begriff „Smog“ (ein aus dem englischen smoke (Rauch) und fog (Nebel) zusammengesetztes Kunstwort) beschreibt die Anwesenheit von Luftschadstoffen in gesundheitsschädlichen und sichtbeeinträchtigenden Konzentrationen. Typischerweise entsteht Smog, wenn hohe Schadstoffemissionen und ungünstige meteorologische Bedingungen zusammenkommen. Das ist vor allem bei Inversionswetterlagen der Fall. Dabei legen sich warme Luftschichten über kältere, was die natürliche Konvektion – warme Luft steigt auf – unterbricht. Smog kam im Ruhrgebiet, aber auch in anderen Ballungsgebieten, von den 1950er-Jahren bis in die 1980er-Jahre immer wieder vor. Grund dafür waren die dort angesiedelten Anlagen für die Eisen- und Stahlproduktion.
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