Als Umweltmanagementbeauftragter – kurz UMB – zählt die Bestimmung des Kontextes unserer Organisation nach ISO 14001 zu meinen Aufgaben. Gemäß der Norm DIN EN ISO 14001:2015 muss unser Unternehmen externe und interne Themen bestimmen, die positive wie negative Einflüsse haben und somit im Kontext unserer Organisation stehen. Dieser Bestandteil der ISO-Grundstruktur für Managementsysteme stützt die ganzheitliche Betrachtung der Einflüsse auf unser Unternehmen. Dies ist natürlich auch absolut sinnvoll. Doch was genau verbirgt sich hinter der Kontextbetrachtung? Wie können die Normforderungen praxisnah und nutzbringend in unserem Managementsystem umgesetzt werden? Fragen, welche ich zusammen mit unserer obersten Leitung kontinuierlich beantworten möchte. In diesem Beitrag möchte ich Ihnen zeigen, worauf Sie bei der Kontextbetrachtung achten müssen.
Den Kontext der Organisation ISO 14001 bestimmen
Die Kontextbetrachtung ist ein wesentlicher Aspekt für die strategische Ausrichtung unseres Managementsystems. Wie auch bei vielen anderen Themen unseres Managementsystems meint mein Chef jedoch, dass ich als UMB die Kontextbetrachtung durchführen soll, da ich seiner Meinung nach ja für das Managementsystem verantwortlich bin. Selbstverständlich unterstütze ich unsere oberste Leitung hierbei sehr gerne, jedoch habe ich die Befürchtung, dass ich die Themenschwerpunkte falsch wähle und diese sich nicht mit der Vorstellung unserer Leitung decken. Und dies bezieht sich nicht nur auf unsere Leitung, da wir in allen Abteilungen mit Umweltrelevanz die externen und internen Themen bestimmen sollen, welche unsere Organisation beeinflussen.
Hier habe ich als UMB auch nicht die erforderliche Fachkompetenz, da die Themen in den einzelnen Abteilungen oftmals sehr spezifisch sind. Ich muss mir also einen Lösungsansatz überlegen, welcher alle Bereiche der Organisation so einbindet, dass diese eigenständig die Kontextbetrachtung durchführen und auch später eigenständig auf Änderungen, welche unsere Organisation und somit auch unser Managementsystem betreffen, reagieren.
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Wichtige Begriffe im Zusammenhang mit dem Kontext der Organisation ISO 14001
Um die Normforderungen genau zu verstehen und interpretieren zu können, ist es notwendig, zunächst wichtige zitierte Begriffe des Normenabschnittes zu kennen. Bei dem Normabschnitt 4 „Kontext der Organisation“ sind zwei von besonderer Bedeutung:
Interessierte Partei
Gemäß Abschnitt 3.1.6 kann dies eine Person oder Organisation sein, die eine Entscheidung oder Tätigkeit beeinflussen kann, die davon beeinflusst sein kann oder die sich davon beeinflusst fühlen kann. Dabei kann es sich z. B. um Kunden, Gemeinden, Lieferanten, Aufsichtsbehörden, Nichtregierungsorganisationen, Investoren und Mitarbeitern handeln. „Sich beeinflusst fühlen“ bedeutet hier, dass die Empfindung der Organisation gegenüber bekannt gemacht wurde.
Umweltzustand
Gemäß Abschnitt 3.2.3 handelt es sich um einen Status oder ein Merkmal der Umwelt, wie zu einem gegebenen Zeitpunkt bestimmt.
Anforderungen der ISO 14001 zum Kontext der Organisation
Die ISO 14001 Anforderungen zum Kontext der Organisation werden im Abschnitt 4.1 der DIN EN ISO 14001 beschrieben. Hier heißt es: „Die Organisation muss externe und interne Themen bestimmen, die für ihren Zweck relevant sind und sich auf ihre Fähigkeit auswirken, die beabsichtigten Ergebnisse ihres Umweltmanagementsystems zu erreichen.“ Ebenso wird gefordert, dass „derartige Themen Umweltzustände mit einschließen müssen, die durch die Organisation beeinflusst werden oder die Organisation beeinflussen können.“ Etwas eindeutiger und verständlicher beschreibt der Anhang A.4.1 die Hintergründe und Umsetzungsmöglichkeiten. Demnach ist durch den Abschnitt 4.1 der Norm beabsichtigt, für ein grundsätzliches konzeptionelles Verständnis wichtiger Themen zu sorgen, welche in positiver oder negativer Hinsicht die Art und Weise beeinflussen können, wie eine Organisation ihre umweltbezogenen Verpflichtungen führt und steuert.
Mögliche Themen können Schwerpunkte sein, welche Debatten und Diskussionen verursachen können, was wiederum für die Organisation zu Problemen führen kann. Ebenfalls können es auch verändernde Umstände sein, die sich auf die Fähigkeit einer Organisation auswirken. Sie führen dazu, die beabsichtigten Ergebnisse im Umweltmanagementsystem erreichen zu können.
Beispiele gemäß ISO 14001
Dabei wird zwischen internen und externen Themen unterschieden, welche im Kontext der Organisation bedeutend sein können. Die können gemäß A.4.1 der ISO 14001 die folgenden Beispiele sein:
- Umweltzustände mit Bezug auf Klima, Luftqualität, Wasserqualität, Bodennutzung, bestehende Kontaminationen, Verfügbarkeit natürlicher Ressourcen und Biodiversität, welche entweder den Zweck der Organisation beeinflussen können oder durch ihre Umweltaspekte beeinflusst werden.
- Externe kulturelle, soziale, politische, gesetzliche, behördliche, finanzielle, technologische, wirtschaftliche, natürliche und wettbewerbliche Umstände, ob international, national, regional oder lokal
- Interne Merkmale oder Bedingungen einer Organisation, wie z.B. Tätigkeiten, Produkte und Dienstleistungen, strategische Ausrichtung, Kultur und Fähigkeiten (d.h. Personen, Wissen, Prozesse, Systeme).
Laut A.4.1 der Norm ISO 14001 ist ein Verständnis vom Kontext der Organisation für den Aufbau, die Verwirklichung, Aufrechterhaltung sowie die fortlaufende Verbesserung des UM Systems bedeutend. Die intern und extern bestimmten Themen können zu Risiken und Chancen für die Organisation oder für das UM System führen. Die Organisation muss diese bestimmen, betrachten, führen und steuern .
Was bedeutet dies für unser Umweltmanagementsystem?
Damit Sie ein effektives und für die Organisation nutzbringendes Umweltmanagementsystem ISO 14001 anwenden können, müssen Sie auf einer übergeordneten Ebene der Organisation den möglichen Kontext und die damit zugehörigen Zusammenhänge betrachten, verstehen und berücksichtigen. Dabei sind nicht nur Themen von Interesse, welche innerhalb der Organisation wirken bzw. sich darauf auswirken, sondern auch solche, welche auf die Organisation von außen einwirken. Die Erwartungen der interessierten Parteien öffnen den Fokus von der Organisation selbst hin zu den Bedürfnissen ihrer interessierten Parteien. Dabei prüft die Organisation, mit welchen dieser Erfordernisse und Erwartungen sie übereinstimmen muss. Bindende Verpflichtungen können z.B. Gesetze, Vorschriften oder Genehmigungen, Lizenzen, Bewilligungen, Erlaubnisse durch Behörden oder Gerichtsurteile sein, welche so Einfluss auf die Organisation ausüben können. Ebenfalls relevant sich jedoch auch eigens auferlegte Verpflichtungen wie Vertragsbeziehungen oder Vereinbarungen, welche somit auch für die Organisation bindend sind und auf die Organisation einwirken können.
Was sagt die ISO 14001 dazu?
Wichtig ist, dass nicht alle Anforderungen interessierter Parteien für die Organisation und die damit verbundene Kontextbetrachtung relevant sein müssen. Die relevanten Anforderungen müssen Sie daher herausfinden und berücksichtigen. Kernaussage der ISO 14001 im Abschnitt 4.1 der Norm ist also, dass ein grundsätzliches konzeptionelles Verständnis wichtiger Themen gefordert wird, welche in positiver wie in negativer Hinsicht die Organisation und das zugehörige Managementsystem (gemäß definiertem Anwendungsbereich) beeinflussen können. Die dabei bestimmten internen und externen Themen können zu Risiken und Chancen für die Organisation oder für das UM System führen. Deshalb ist es wichtig, die entsprechenden Themen der Kontextbetrachtung zu kennen und zu berücksichtigen. So können Sie möglichen Konsequenzen aus diesen frühzeitig begegnen und darauf koordiniert reagieren. Obwohl die Organisation den Anwendungsbereich autark festlegt, darf sie diese Freiheit nicht dazu nutzen, um einen Ausschluss von Tätigkeiten, Produkten, Dienstleistungen oder Einrichtungen der Organisation vorzunehmen, welche somit die reale Umweltrelevanz der Organisation mindert bzw. verfälscht.
Aus diesem Grund muss der Anwendungsbereich gemäß den Forderungen der ISO 14001 auch den interessierten Parteien zur Verfügung gestellt werden. Die Kontextbetrachtung der Organisation war schon immer für jedes Unternehmen in der Praxis relevant. Durch die Aufnahme als verpflichtendes Element im UM-System wird gewährleistet, dass sämtliche Organisationen dies auch mit dem entsprechenden Detaillierungsgrad umsetzen.
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Tipps für den UMB
Als Managementbeauftragter überlege ich mir zunächst einen Lösungsansatz, welchen ich gut auf alle Ebenen unserer Organisation herunterbrechen kann. So binde ich die Mitarbeiter mit in das Managementsystem ein. Hierdurch können Änderungen, welchen Einfluss auf den Kontext der Organisation haben, unmittelbar berücksichtigt werden. Die folgenden Elemente können dabei im organisationsspezifischen Detaillierungsgrad abgebildet werden:
Schritt 1:
Ist-Analyse und Bestandsaufnahme, welche umweltrelevanten Themen intern und extern die Organisation beeinflussen können;
Schritt 2:
Erfassung und Festlegung, wer für die Ermittlung und Beaufsichtigung in der Organisation zuständig ist;
Schritt 3:
Beschreibung der Risiken und Chancen, welche sich aus den einzelnen interessierten Parteien ergeben können;
Schritt 4:
Festlegung, wie Sie die Ergebnisse der Kontextbetrachtung kommunizieren;
Schritt 5:
Bewertung der Kontextbetrachtung in der regelmäßigen Managementbewertung.
Durch das systematische Vorgehen ist es möglich, alle relevanten Ebenen in der Organisation in das Managementsystem einzubinden. So stellen Sie auf Dauer die Akzeptanz und den Mehrwert für unsere Organisation sicher. Dies betrifft alle Mitarbeiter und die damit verbundenen Tätigkeiten im Anwendungsbereich des Managementsystems. Egal ob externe und interne Themen betroffen sind, welche für unsere Organisation relevant sind und sich auf die beabsichtigten Ergebnisse auswirken können. Als UMB verstehe ich mich hier mehr als Koordinator und Unterstützer, welcher den systematischen Ansatz in Abstimmung mit unserer obersten Leitung verabschiedet, die Aufgaben koordiniert und bei Rückfragen zum Thema die Prozesseigner unterstützt. Die Ergebnisse kommunizieren wir dann unserer Leitung. Diese gibt im Rahmen der regelmäßigen Managementbewertung die entsprechenden Maßnahmen und hierzu benötigten Ressourcen frei.
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