Auf dieser Seite erfahren Sie, wie Sie die Umweltaspekte im Unternehmen ermitteln können. Als Umweltmanagementbeauftragter (UMB) in einem mittelständigen Unternehmen kämpfe ich an vielen Fronten. Einerseits erwartet die oberste Leitung stets , dass die Zertifizierung unseres Umweltmanagementsystems gemäß der ISO 14001 immer problemlos und ohne Abweichungen erfolgt. Andererseits habe ich, wenn ich ehrlich bin, oftmals ein schlechtes Bauchgefühl vor den Zertifizierungsaudits, da ich aufgrund meines chronischen Zeitmangels leider zumeist erst kurz vor dem Zertifizierungsaudit die wichtigen Forderungen der Norm und damit die Erwartungshaltung der Zertifizierer erfüllen kann, so dass es meist einige Wochen vor der Zertifizierung stressig wird.
Bislang hat zwar alles immer gut geklappt, aber von der „kontinuierlichen Aufrechterhaltung“, geschweige denn von der „fortlaufenden Verbesserung“, sind wir in unserem Managementsystem noch etwas entfernt. Doch das soll sich jetzt ändern! Ich werde mir die Anforderungen der ISO 14001 nochmals genau vor Augen führen. Als UMB stelle ich ein Team zusammen und gemeinsam ermitteln wir dann unsere Umweltaspekte. Die Erfahrungen, die ich dabei gewinne, möchte ich Ihnen nicht vorenthalten.
Welche Problemstellung gibt es bei der Ermittlung der Umweltaspekte?
Gemäß den ISO 14001 Anforderungen muss die Organisation – also in der Vergangenheit vor den Zertifizierungsaudits immer ich als UMB – unter Berücksichtigung des Lebenswegs die bedeutenden Umweltaspekte ermitteln. Wir haben hierzu eine Prozessbeschreibung und ein Bewertungstool erstellt, welches jedoch aus meiner Sicht „etwas theoretisch“ aufgebaut ist. Daher interessiert es die Mitarbeiter in den Abteilungen nicht wirklich. Ich freue mich, wenn diese die Datei kennen, richtig identifizieren tut sich jedoch keiner mit dieser Tabelle. Dies war für die Zertifizierungsauditoren jedoch meist ausreichend, da ich auch immer die Zertifizierungsaudits begleite.
Sollten die auditierten Mitarbeiter in den Abteilungen mal nicht wissen, was der Auditor von ihnen möchte, unterstütze ich natürlich, so dass am Ende alle zufrieden sind. Wirklich Sinn machte es aus meiner Sicht jedoch nicht wirklich, dass ich als UMB die Umweltaspekte zwar nach bestem Gewissen bewerte, ich oftmals jedoch gar nicht im gesamten Unternehmen mitbekomme, wenn sich etwas ändert, egal wo dies beim Lebensweg unserer Produkte und deren Prozesse, Anlagen und Einrichtungen geschieht. Nicht dass mich dies nicht interessieren würde − aber ich habe schlichtweg nicht die ausreichende Zeit und oftmals auch nicht die ausreichende Fachkenntnis, um die Umweltaspekte und deren resultierende Risiken und Chancen zu erkennen. Was mache ich also falsch?
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Was fordert die ISO 14001 zum Thema Umweltaspekte?
Bevor ich mir Gedanken mache, was sich ändern muss, schaue ich mir den entsprechenden Normtext und die zugehörigen spezifischen Begrifflichkeiten nochmal genau an. Laut Abschnitt 3 der ISO 14001 versteht man folgende Begriffsbestimmungen zum Thema Umweltaspekte:
- Umweltaspekt:
Bestandteil der Tätigkeiten oder Produkte oder Dienstleistungen einer Organisation, der in Wechselwirkung mit der Umwelt tritt oder treten kann. - Lebensweg:
Aufeinander folgende und miteinander verknüpfte Phasen eines Produktsystems (oder Dienstleistungssystems), von der Rohstoffgewinnung oder Rohstofferzeugung bis zur endgültigen Beseitigung. - Umweltauswirkung:
Veränderung der Umwelt, ob ungünstig oder günstig, die sich ganz oder teilweise durch Umweltaspekte einer Organisation ergibt.
Der Abschnitt 6.1.2 (Umweltaspekte) der ISO 14001 beschreibt die Grundforderungen, welche im Umweltmanagementsystem diesbezüglich umgesetzt werden müssen. Demnach muss die Organisation die Umweltaspekte ihrer Tätigkeiten, Produkte und Dienstleistungen unter Berücksichtigung des Lebenswegs bestimmen, die sie steuern und auf welche sie Einfluss nehmen kann. Hierzu müssen die mit ihnen verbundenen Umweltauswirkungen bestimmt werden. Um die Umweltaspekte ermitteln zu können, müssen Sie Änderungen und Entwicklungen neuer oder veränderter Tätigkeiten, Produkte und Dienstleistungen sowie nicht bestimmungsgemäße Zustände und vernünftigerweise vorhersehbare Notfallsituationen berücksichtigen. Hierzu müssen Kriterien zur Bestimmung der bedeutenden Umweltaspekte festgelegt werden. Die bedeutenden Umweltaspekte müssen Sie im Unternehmen angemessen kommunizieren. So weit, so gut.
Wie gehen Sie nun vor, um Umweltaspekte nach ISO 14001 zu ermitteln?
Die unternehmensspezifischen Umweltaspekte bilden den wesentlichen Grundstein eines jeden gut funktionierenden Umweltmanagementsystems mit dem Grundgedanken, die bedeutenden Umweltaspekte zu ermitteln und diese durch gezielte Maßnahmen und Umweltprogramme kontinuierlich zu verbessern. Durch die Reduzierung und Bewusstseinsbildung der bedeutenden Umweltaspekte hat die Organisation und somit alle relevanten Mitarbeiter die Möglichkeit, die Umweltrisiken und Umweltauswirkungen zu reduzieren und die Umweltleistungen zu verbessern. Gemäß der Anforderungen der ISO 14001 soll bei der Umweltaspektanalyse der Lebensweg berücksichtigt werden.
Gemäß der Anmerkung der Begriffsbestimmung umfassen die Abschnitte des Lebenswegs alles von der Rohstoffbeschaffung, Entwicklung, Herstellung, Transport/Lieferung, Nutzung, Behandlung bis zur endgültigen Beseitigung. Die Rohstoffgewinnung unserer Rohmaterialien ist jedoch außerhalb unseres Einflussbereiches und nur mit sehr hohem Zeit- und Arbeitsaufwand nachvollziehbar. Aus diesem Grund werden wir uns auf die direkten und indirekten Umweltaspekte beschränken, welche wir sinnvoll steuern und auf welche wir direkten Einfluss nehmen können. Um mir zu verdeutlichen, welche Prozesse hier relevant sind, schreibe ich mir diese wie einen Ablauf auf. Da haben wir die Beschaffung, Anlieferung, Lagerung, Produktion und den Versand. Da wir Produkte erstellen, hat natürlich auch die Entwicklungsabteilung großen Einfluss auf den Lebensweg unserer Produkte, da diese alle Vorgaben für die anschließende Produktion macht. Wenn ich ehrlich bin, hatte ich diese bei der Umweltaspektbewertung bislang gar nicht richtig mit eingebunden.
Ebenfalls haben wir natürlich auch viele Dienstleister, welche für uns tätig sind und einen durchaus bedeutenden Einfluss auf die Umwelt haben. Da gibt es die Spedition, unseren Oberflächenbeschichter, die Reinigungsfirma unserer Betriebsflächen und so weiter. Je mehr ich zusammentrage, desto deutlicher wird mir das Gesamtbild der direkten und indirekten Umweltaspekte.
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Umso deutlicher wird mir aber auch, dass ich alle diese Umweltaspekte gar nicht wie bislang alleine bewerten kann und dies auch keinen Sinn macht. Ich muss die Bewertung der Umweltaspekte auf die jeweiligen Prozesseigner verteilen und herunterbrechen, nur so wird es praxisgerecht und sinnvoll sein! Jeder Prozesseigner fühlt sich so auch mit ins UM-System eingebunden und ist eigenverantwortlich für die regelmäßige Aktualisierung zuständig.
Ebenfalls habe ich somit natürlich den Mehrwert, dass genau die Mitarbeiter, für welche die spezifischen Umweltaspekte relevant sind, auch stets aktuell darüber im Bilde sind, welchen Status die Umweltprogramme oder alle damit verbundenen Maßnahmen haben. Ich werde also meinen – nein, unseren! – kompletten Prozess der Umweltaspektbewertung vollständig neu strukturieren. Na dann mal an die Arbeit!
Beispiele für Umweltaspekte im Unternehmen
Nachfolgend sind einige Beispiele für mögliche Umweltaspekte, welche Sie im Rahmen eines ISO 14001-konformen Umweltmanagementsystems in Ihrem Unternehmen berücksichtigen können:
- Energieverbrauch & Wasserverbrauch des Unternehmens optimieren
- Abfallmanagement: Abfallströmen, Abfallmengen, Recyclingmöglichkeiten, ordnungsgemäße Entsorgung
- Luftemissionen: Überwachung von Luftschadstoffen, die der Betrieb verursacht
- Bodenkontamination zu verhindern und die Bodenqualität aufrechtzuerhalten.
- Naturschutz: Berücksichtigung von Lebensräumen, Artenvielfalt und Ökosystemen
- Chemikalienmanagement im Betrieb
- Ressourceneffizienz: Analyse und Verbesserung
- Lärmemissionen, die durch den Betrieb entstehen
- Transport und Logistikprozesse bewerten und optimieren
Diese Beispiele verdeutlichen die breite Palette von Umweltaspekten, die im Rahmen eines ISO 14001-Umweltmanagementsystems berücksichtigt werden können. Die genauen Aspekte hängen von der Art der Organisation, ihrer Branche, Standorten und Geschäftstätigkeiten ab. In der nachfolgenden Grafik sehen Sie außerdem, dass immer In- und Output bei den Umweltaspekten betrachtet werden sollen.
Mit welchen Schwerpunkten erfolgt die Ermittlung in der Praxis?
Bei der Arbeit mit meinem Umweltmanagement-Team aus Prozesseignern musste ich folgendes feststellen: Bei der Ermittlung der Umweltaspekte gibt es nicht das „richtige Verfahren“, sondern eine Vielzahl von Möglichkeiten, die firmenspezifischen, bedeutenden Umweltaspekte zu ermitteln und zu berücksichtigen.
Dabei muss jedes Unternehmen die für sich sinnvolle und nutzbringende Möglichkeit zur Aspektermittlung festlegen und im Managementsystem z.B. anhand einer Prozessbeschreibung dokumentieren. Bewährt hat sich hier ein zentral festgelegtes Bewertungstool, wobei das Vorgehen und die Kriterien für alle Abteilungen und somit spezifischen Umweltaspekte gleich sind. Alle Mitarbeiter, welche in den Prozess der Umweltaspektbewertung eingebunden werden, sollten zum Vorgehen und der kontinuierlichen Umsetzung geschult werden.
Die festgelegten Kriterien werden (Häufigkeit, Umweltrelevanz, Notfallorganisation, bindende Verpflichtungen usw.) einheitlich festgelegt . Es gibt jedoch immer Mitarbeiter, welche von der Tendenz her höher und andere tiefer bewerten. Aus diesem Grund sollte man anhand von einigen Beispielen die vergleichbare Kriterienbewertung üben. Nur so sind die Ergebnisse der Bewertung vergleichbar. Umweltaspekte spielen in fast allen Abschnitten der ISO 14001 eine elementare Rolle. Als besonders relevant können hier acht Schwerpunkte hervorgehoben werden:
- Bestimmung
- Bewertung
- Kommunikation
- Dokumentation
- Berücksichtigung der bindenden Verpflichtungen
- Planung der Maßnahmen
- Festlegung von Umweltzielen
- Bewertung der bedeutenden Umweltaspekte in der Managementbewertung
Für ein besseres Verständnis habe ich Ihnen eine kurze Definition zu jedem der Schwerpunkte zusammengefasst:
1. Bestimmung
Anhand der zuvor festgelegten Ablaufprozesse und Kriterien ermitteln die jeweiligen Prozesseigner die Umweltaspekte. Jede Abteilung bewertet dabei die in ihren Betriebsprozessen spezifischen, relevanten Umweltaspekte selbst. Wichtig ist dabei, dass man zwischen Tätigkeiten, Prozessen und Einrichtungen unterscheiden muss. Von den Bewertungskriterien her kann z.B. keine Tätigkeit mit einer Einrichtung oder Anlage verglichen werden. Der Managementbeauftragte kann dabei die Vollständigkeit und Aktualität koordinieren und überwachen und steht bei Fragen zum Bestimmungsprozess zur Verfügung.
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2. Bewertung
Anhand der festgelegten Kriterien werden nun alle zuvor bestimmten direkten und indirekten Umweltaspekte bewertet. Mit Zahlenwerten der festgelegten Kriterien lassen sich die Verbesserungen der Umweltaspekte messbar und somit als Kennzahl auf die einzelnen Umweltaspekte, Abteilungen und sogar Unternehmensstandorte darstellen und zwischen den unbedeutenden und bedeutenden Umweltaspekten klassifizieren.
3. Kommunikation
Nach der Bestimmung erfolgt die Kommunikation im Unternehmen und besonders in den zutreffenden Abteilungen. Alle Mitarbeiter sollen sich der bedeutenden Umweltaspekte in ihren Betriebstätigkeiten bewusst sein und dies bei ihren täglichen Arbeiten entsprechend berücksichtigen.
4. Dokumentation
Nach der ersten Bestimmung und Bewertung müssen die Umweltaspekte regelmäßig (mind. jährlich) neu bewertet werden, um Änderungen, wie z.B. durch Umwertung gesetzte Umweltprogramme, aktuell zu berücksichtigen.
5. Berücksichtigung der bindenden Verpflichtungen
Die bindenden Verpflichtungen können interner (Eigenverpflichtungen) oder externer (Genehmigungen und Gesetze) Natur sein. Da diese oftmals anlagen- oder einrichtungsspezifisch sind, müssen diese regelmäßig bei der Aspektbewertung berücksichtigt werden.
6. Planung der Maßnahmen
Nachdem die bedeutenden Umweltaspekte ermittelt wurden, sollen diese gemäß dem kontinuierlichen Verbesserungsprozess systematisch optimiert bzw. reduziert werden. Diese Maßnahmen können in andere Geschäftsprozesse integriert und dort verwirklicht werden.
7. Festlegung von Umweltzielen
Auch bei der Festlegung und Definition der Umweltziele der Organisation, spielen die bedeutenden Umweltaspekte eine wichtige Rolle. Um die notwendigen Ressourcen am effizientesten einzusetzen, sollten diese vorrangig bei der Festlegung der Umweltziele berücksichtigt werden.
8. Bewertung der bedeutenden Umweltaspekte in der Managementbewertung
Die oberste Leitung muss in geplanten Abständen (z.B. mind. jährlich) eine Managementbewertung durchführen, in welcher die Leitung u.a. auch die bedeutenden Umweltaspekte und die Ergebnisse der regelmäßigen Bewertung aufgreift und deren Veränderung aus Sicht der Leitung her bewertet.
Als UMB weiß ich nun genau, welche Tätigkeiten ich bei der Umweltaspektbewertung selbst durchzuführen habe und welche von den Prozesseignern besser eigenständig umgesetzt werden können. Durch den zentral vorgegebenen Prozess der Umweltaspektbewertung werden alle Mitarbeiter in das Managementsystem einbezogen. Sie können so − jeder im Rahmen seiner spezifischen Tätigkeiten − zur kontinuierlichen Verbesserung unseres Umweltmanagementsystems beitragen. Ich würde sagen: Problem gelöst!
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